Die Empfängnis

4.1 Die Empfängnis


Man pflegte früher von einer schwangeren Frau zu sagen, sie habe „empfangen" oder eine „Empfängnis" habe in ihrem Körper stattgefunden. In der Umgangssprache kann man diese Begriffe heute kaum noch hören, viele Menschen halten sie heute für hochtrabend. Trotzdem greifen Wissenschaft-


4. Die Fortpflanzung führt immer wieder auf das Wort, .Empfängnis" zurück, wenn sie vom „Beginn &in.es neuen Lebens" oder dem „Anfang der Existenz eines neuen Individu-** sprechen. Diese auf den ersten Blick einfachen Umschreibungen um-ein sehr komplexes Phänomen, das man selbst heute noch kaum ganz Erstanden hat. Daher benutzen auch nicht alle Wissenschaftler das Wort "Empfängnis" im gleichen Sinn.


Die Schwangerschaft einer Frau entsteht durch das Zusammenwirken verschiedener biologischer Prozesse. Hierzu gehören vor allem:


• die Vereinigung von männlichen und weiblichen Geschlechtszellen, aus denen eine neue Zelle, die Zygote, entsteht. Dieser Vorgang heißt Befruchtung.


• die Entwicklung der Zygote durch Zellteilung, deren Ergebnis ein hohler Zellenball ist, den man Blastozyste nennt. Dieser Vorgang heißt Segmen-tation.


• das Einnisten der Blastozyste in der Innenwand des Uterus. Dieser Vorgang heißt Implantation.


Wenn auch nur bei einem einzelnen dieser Vorgänge Störungen auftreten, kommt es nicht zur Schwangerschaft.


Aus bestimmten wissenschaftlichen Gründen sprechen Entwicklungsbiologen von Empfängnis, sobald der Vorgang der Befruchtung abgeschlossen ist. A.US anderen wissenschaftlichen Gründen gehen Reproduktionsphysiologen davon aus, daß neues Leben mit der Implantation beginnt. Für sie gibt es keine Empfängnis, wenn die Befruchtung nicht zur Schwangerschaft führt.


Diese unterschiedlichen wissenschaftlichen Auffassungen können einen Laien gelegentlich verwirren, wenn er festzustellen versucht, zu welchem genauen Zeitpunkt neues Leben entsteht. In diesem Zusammenhang sollte man sich daran erinnern, daß die moderne Wissenschaft auch viele andere traditionelle Annahmen umgestoßen hat. Dies gilt zum Beispiel auch für die genaue Bestimmung des Zeitpunkts des Todes. Mit dem Fortschritt der Wissenschaft ist die Bestimmung von Anfang und Ende menschlichen Lebens immer schwieriger geworden. Wir müssen noch sehr viel mehr lernen (und genauere B ezeichnungen entwickeln), bevor wir diese komplizierten Fragen tatsächlich beantworten können.


Im folgenden Kapitel wird daher der heutige Wissensstand über die biologischen Vorgänge bei der Entstehung neuen menschlichen Lebens zusammengefaßt.

 

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