Grundprobleme der Sexualtherapie

8.1 Grundprobleme der Sexualtherapie


Sexualtherapie und Sexualerziehung sind neuerdings in unserer Gesellschaft wieder heftig umstritten. Sie werden nicht nur von konservativen „autoritären Persönlichkeiten" in Frage gestellt, sondern auch von radikalen Kämpfern für bürgerliche Freiheit. Vertreter einer religiös fanatischen und moralistischen Scheinmehrheit, ebenso wie humanistische Vertreter des Individualismus wie Thomas S. Szasz, sehen in der Sexualtherapie nichts als einen gefährlichen Schwindel, der von machthungrigen, marktschreierischen „Experten" einer vertrauensseligen Öffentlichkeit verkauft wird.


Woher kommen diese merkwürdigen Beschuldigungen? Sind sie vielleicht sogar berechtigt? Wenn ja, inwieweit ist dies der Fall? Hat und verdient Sexualtherapie eine Zukunft? Antworten auf diese Fragen können nur aus einer Analyse bisher unbefragter Grundannahmen der therapeutischen Praxis erschlossen werden.


Meistens machen sich Therapeuten natürlich über ihre Grundannahmen wenig Gedanken, sondern versuchen statt dessen, akuten Problemen und Nöten zu begegnen. Ein solcher Ansatz benötigt keine Rechtfertigung, solange die Öffentlichkeit ihn unterstützt. Heute ist diese Unterstützung aber in keinem therapeutischen Bereich mehr einhellig, weder in der Sexualtherapie noch in der Psychiatrie noch in der traditionellen somatischen Medizin. Deshalb müssen auch „einfache" Praktiker sich heute mit theoretischen Fragen beschäftigen. Das bedeutet vor allem eine kritische Auseinandersetzung mit dem sozialen und historischen Zusammenhang, auf den ihre Arbeit sich gründet.

 

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