Oralverkehr

7.3.2 Oralverkehr


Oralverkehr ist definiert als sexueller Kontakt zwischen den Geschlechtsorganen eines Menschen und dem Mund eines anderen.


Geschlechtsorgane und Mund sind diejenigen erogenen Zonen des Körpers, die am leichtesten zu stimulieren sind. Daher ist es nur natürlich, dass sie in Berührung gebracht werden. Dieses Verhalten ist bei fast allen höheren Säugetieren zu beobachten, und es leuchtet deshalb ein, dass der Mensch, als das höchstentwickelte und sensibelste Säugetier, hier keine Ausnahme macht. In verschiedenen Gesellschaftsordnungen und in bestimmten historischen Zeitabschnitten wurde oraler Verkehr jedoch als sündhaft, kriminell oder krankhaft betrachtet, und Paare, die ihn praktizierten, wurden schwer bestraft.


Dennoch wurde in unserem Kulturkreis der Oralverkehr aller religiösen, juristischen und psychiatrischen Missbilligung zum Trotz von heterosexuellen und homosexuellen Paaren immer praktiziert. In beiden Fällen werden die gleichen Techniken angewandt.


Fellatio


Mit dem Wort „Fellatio" (von lat. fellare: saugen) wird Lecken und Saugen an den männlichen Geschlechtsorganen bezeichnet.


Männer, die miteinander Geschlechtsverkehr haben, können natürlich Fellatio praktizieren. Dabei bevorzugen manche Männer, den Penis des Partners in den Mund zu nehmen, andere verhalten sich lieber „passiv". Die meisten Männer, die homosexuellen Oralverkehr praktizieren, geben keiner der beiden Rollen einen eindeutigen Vorzug, sondern passen ihr Vorgehen den gegebenen Umständen an. Natürlich können zwei Männer auch gleichzeitig Oralverkehr miteinander haben. Viele Männer verwenden Fellatio als Mittel der Stimulation, um sich dann einer anderen Form des Geschlechtsverkehrs zuzuwenden. Sie können aber auch durch Fellatio allein zum Orgasmus kommen. Auch Männer können an dem Geschmack der warmen Samenflüssigkeit Gefallen finden.


Früher hat man bei Fellatio zwischen „aktiven" und „passiven" Partnern unterschieden. Nach dieser merkwürdigen Unterscheidung spielte der „aktive" (saugende) Partner die weibliche Rolle, während der „passive" (stillhaltende) Partner seine Rolle als Mann behielt. Diese Unterscheidung, die überdies das übliche Klischee vom aktiven Mann und der passiven Frau umkehrte, führte zu der merkwürdigen Auffassung, dass nur der „aktive" Partner ein echter „Homosexueller" sei, während der „passive" Partner seine Heterosexualität bewahre. (Nach einer anderen Interpretation hat der „Annehmende" - also der Mann, der den Penis in den Mund nimmt - die weibliche Rolle, während die Rolle des „Einführenden" immer männlich ist. Auch hier wird die „weibliche" Rolle wieder als homosexuell definiert und die „männliche" als heterosexuell.)


Es überrrascht nicht, dass männliche Prostituierte und ambisexuelle Männer mit Schuldgefühlen dieses Rollenschema oft dazu benutzen, um sich von ihrem eigenen homosexuellen Verhalten zu distanzieren. Sie bestehen darauf, die „passive" Rolle zu spielen, vermeiden jede eigene Körperbewegung und versuchen, so unbeteiligt und kühl wie möglich zu erscheinen. Dann behaupten sie einfach mit Sicherheit nichts „Schwules" getan zu haben. Damit täuschen sie - außer sich selbst - natürlich niemanden. Denn offensichtlich haben Aktivität und Passivität nichts mit dem biologischen Geschlecht oder der sexuellen Orientierung zu tun. Darüber hinaus ist durch die Tatsache, dass jemand von einem anderen Mann zum Orgasmus gebracht werden kann, erwiesen, dass er auf ihn sexuell reagiert. Dies lässt sich durch keinerlei Spitzfindigkeiten leugnen.


Cunnilinctus


Mit dem Wort „Cunnilinctus" (von lat. cunnus: die Vulva und lat. linguere: lecken) wird Lecken und Saugen an den weiblichen Geschlechtsorganen bezeichnet.


Vielen Frauen ist es angenehm, wenn ihre Geschlechtsorgane mit dem Mund berührt werden, und wenn Frauen miteinander Geschlechtsverkehr haben, üben sie häufig auch Oralverkehr aus. Natürlich können zwei Frauen auch gleichzeitig Oralverkehr miteinander praktizieren.


Viele Frauen verwenden Cunnilinctus als Mittel der Stimulation, um sich dann einer anderen Form des Geschlechtsverkehrs zuzuwenden. Sie können aber auch durch Cunnilinctus allein zum Orgasmus kommen. Da Frauen aus eigener Erfahrung wissen, welche Stimulation ihnen am angenehmsten ist, können sie ihre Partnerinnen meist sehr wirkungsvoll oral stimulieren. Cunnilinctus zwischen zwei Frauen kann so für beide sehr befriedigend sein.


„69"


Die Bezeichnung, „Neunundsechzig" wird für die Form des Oralverkehrs verwendet, bei der die Partner sich gegenseitig gleichzeitig oral stimulieren. Dabei ist die Stellung der Körper zueinander ähnlich den Ziffern der Zahl 69. Natürlich können sowohl weibliche als auch männliche homosexuelle Paare diese Art des Geschlechtsverkehrs praktizieren. Sie ist für Männer und Frauen in gleichem Maße befriedigend. Gleichzeitiger, gemeinsamer Oralverkehr kann zum Zweck der Stimulation benutzt werden; er kann aber auch bis zum Orgasmus fortgesetzt werden, besonders wenn sich die Partner Zeit nehmen und bequem auf der Seite liegen.


 
 

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