Analverkehr

7.3.4 Analverkehr


Analverkehr ist definiert als sexueller Kontakt zwischen den Geschlechtsorganen eines Menschen und dem Anus eines anderen.


Bei den meisten Menschen ist der Anus äußerst sensibel und daher eine wichtige erogene Zone. Deshalb bereitet es vielen Männern und Frauen Genuss, wenn er während ihrer sexuellen Aktivitäten in irgendeiner Weise stimuliert wird. Viele Menschen führen sich bei der Masturbation einen Finger oder einen zylindrischen Gegenstand in den Anus ein, um ihr Lustgefühl zu vertiefen. Deshalb wird natürlich beim sexuellen Verkehr zwischen Männern der Anus eines Partners mit dem Penis des anderen gelegentlich in Kontakt gebracht.


Ein Mann kann ohne Schwierigkeiten seinen Penis in den Anus des Partners einführen. Da jedoch der Anus, anders als die Vagina, keine eigene Gleitflüssigkeit produziert, muss ein künstliches Gleitmittel benutzt werden. Ein neutrales wasserlösliches Gel oder einfach Speichel eignen sich hierfür am besten. Man trägt das Gleitmittel am besten auf den Anus und den Penis direkt auf. Dabei bietet sich gleichzeitig die Möglichkeit zu einer entspannenden Massage des Schließmuskels oder zum Einführen eines Fingers. Nach diesen Vorbereitungen kann der Penis langsam eingeführt werden. Dabei sollte man sich, bis der Schließmuskel völlig entspannt ist, möglichst wenig bewegen. Dann kann einer der beiden Partner, oder auch beide, mit Bewegungen des Beckens beginnen. Viele Männer empfinden es als angenehm, wenn ihr eigener Penis masturbiert wird, während die den Penis des Partners in ihrem Rektum haben.


Analverkehr kann natürlich in vielen verschiedenen Stellungen ausgeführt werden. Meist liegt einer der Partner auf dem Bauch oder auf der Seite, und der andere nähert sich ihm von hinten. Er kann jedoch auch auf dem Rücken liegen und seine Knie neben der Brust hochziehen, wobei sein Partner sich ihm von vorne zuwendet. Er kann auch über seinem auf dem Rücken liegenden Partner knien. Es gibt auch Männer, die das Einfuhren des Penis in den Anus des Partners vermeiden und es statt dessen als angenehm empfinden, den Penis zwischen den Gesäßbacken des anderen bis zum Orgasmus zu reiben.


Obgleich Analverkehr für beide Partner äußerst befriedigend sein kann, wird er doch nicht so häufig praktiziert wie allgemein angenommen. Denn viele Menschen in unserem Kulturkreis sind nach wie vor der Meinung, dass der Anus aufgrund seiner Ausscheidungsfunktion schmutzig und abstoßend sei. Dazu kommen religiöse, soziale und legale Tabus, die gegen den Analverkehr bestehen. Es gibt noch immer Länder, in denen Analverkehr als „Verbrechen wider die Natur" mit empfindlichen Gefängnisstrafen bedroht ist (vgl. hierzu v. a. Kap. 10.2 „Legal - illegal").


Deshalb überrascht es kaum, dass mancher homosexuelle Mann sich heftig gegen anale Stimulation wehrt, ähnlich wie dies Heterosexuelle tun. Andere sträuben sich nur, der „passive" Partner zu sein, während sie dazu bereit sind, die „aktive" Rolle beim Analverkehr zu übernehmen. Die merkwürdige Unterscheidung zwischen „aktiven" und „passiven" Partnern ist der unter „Oralverkehr" besprochenen sehr ähnlich. Beim Analverkehr ist es der „passive" Partner, dem die weibliche Rolle zugeschrieben wird, während man von dem „aktiven" Partner behauptet, er spiele die männliche Rolle, Auch diese Beweisführung soll dazu herhalten, ersteren als den „echten" Homosexuellen zu bezeichnen; der andere bewahrt gewissermaßen seine heterosexuelle Rolle.


Rollendefinitionen dieser Art scheinen besonders den schuldgeplagten und unsicheren ambisexuellen Männern zuzusagen, die versuchen, ihre homosexuellen Handlungen zu rechtfertigen. Solche Männer können, zum Beispiel im Gefängnis, immer wieder männliche Mithäftlinge vergewaltigen, während sie sich ständig sagen, dass sie gar nichts „Schwules" tun. Die Tatsache, dass manche Männer solchen Selbstbetrug für notwendig halten, ist sicher ein Hinweis auf den nach wie vor allgegenwärtigen Männlichkeitswahn unserer Gesellschaft. In Wirklichkeit hat Aktivität oder Passivität weder mit dem biologischen Geschlecht noch mit sexueller Orientierung zu tun. So wechseln die meisten Homosexuellen, die Analverkehr ausüben, ganz frei von der einen zur anderen Rolle über, ohne in Verwirrung hinsichtlich ihrer sexuellen Identität zu geraten.


Es sollte in diesem Zusammenhang auch erwähnt werden, dass manche Männer Gefallen daran finden, wenn ihnen ihr Partner lange, harte Gegenstände, unter Umständen die ganze Hand, in den Anus einführt. Dies bezeichnet man in den USA als „fistfucking". Dabei besteht allerdings eine sehr hohe Gefahr von Verletzungen und Infektionen. Darüber hinaus kann der Schließmuskel, der sich auf langsames Einführen eines Penis hin erweitern kann, beim Einfuhren einer Hand oder eines großen Gegenstandes einreißen oder zerreißen. Während Analverkehr an sich zu keinen Problemen führen muss, kann „fistfucking" lebensgefährliche Verletzungen (zum Beispiel Darmperforation mit Massenblutung und Bauchfellentzündung) nach sich ziehen.


Abschließend ist noch zu sagen, dass Frauen keinen Analverkehr praktizieren können, es sei denn mit einem künstlichen Penis. Diese Möglichkeit ist jedoch eher theoretischer Art, da im Grunde alle homosexuellen Frauen andere Formen sexueller Stimulation bevorzugen.


 

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