Der Menstruationszyklus

3.1.3 Der Menstruationszyklus


Frauen erreichen ihre Fortpflanzungsfähigkeit mit der Pubertät und verlieren sie in den Wechseljahren, anfangs des fünften Lebens Jahrzehnts. Sie sind aber auch während ihrer fruchtbaren Jahre nur dann empfängnisfähig, wenn einmal im Monat die Ovarien eine reife Eizelle ausstoßen. Die monatliche Wiederholung dieses Vorgangs in Begleitung mit anderen regelmäßigen körperlichen Veränderungen bildet den weiblichen Zyklus. Das deutlichste äußere Anzeichen ist die monatliche Blutung oder Menstruation (von lat. men-sis: Monat). Daher wird dieser Zyklus auch als Menstruationszyklus bezeichnet.


Bei Mädchen tritt die erste Menstruation, die Menarche, zwischen dem 11. und 13. Lebensjahr auf. Die zweite Menstruation tritt dann allerdings möglicherweise erst mehr als einen Monat später auf, da der Zyklus während der Entwicklungsphase noch sehr unregelmäßig ist. Erst im Verlauf des Heranwachsens stellt sich ein regelmäßiger Rhythmus ein. Bei einer reifen Frau dauert der Menstruationszyklus zwischen 28 und 35 Tagen. Gewisse Schwankungen sind jedoch häufig und ganz normal. Sie nehmen mit dem Alter der Frau wieder zu, bis der Menstruationszyklus nach der Menopause schließlich ganz aufhört.


In medizinischen Lehrbüchern ist es üblich den Menstruationszyklus in zwei, drei, vier oder noch mehr verschiedene Phasen einzuteilen. Solche Einteilungen, die immer etwas willkürlich sind, können dazu beitragen, die biologischen Vorgänge besser zu verstehen. Im Rahmen dieses Buches scheint eine Einteilung in drei Phasen ausreichend.

 

Die drei Phasen des Menstruationszyklus


Die Grundfunktion des Menstruationszyklus ist einfach zusammenzufassen: Er bereitet die Schleimhaut des Uterus auf die mögliche Aufnahme eines befruchteten Eies vor. Kommt es nicht zur Einnistung, wird das Schleimhautgewebe abgestoßen und durch die Vagina ausgeschieden. Diese Ausscheidung wird Regelblutung, Menstruationsblutung oder auch einfach Menstruation genannt. Wenn diese Blutung aufgehört hat, wird die Uterusschleimhaut neu gebildet, und der gesamte Zyklus beginnt von neuem.


Im Zusammenhang medizinischer Überlegungen geht man oft davon aus, daß der Zyklus mit dem ersten Tag der Blutung beginnt, er also mit dem letzten Tag vor der nächsten Blutung endet. Im Zusammenhang des vorliegenden Buches erscheint es jedoch sinnvoller, mit dem Heranwachsen der Eizelle und dem Aufbau der Uterusschleimhaut, des Endometrium, zu beginnen.
 

I. Die drei Phasen des Menstruationszyklus
(Gerechnet ab dem ersten Tag nach Ende der Menstruation)

1. Die Vorbereitung der Ovulation
Nach der Menstruation beginnt das Endometrium erneut zu wachsen

2. Die Vorbereitung der Implantation
Das Endometrium ist zur Aufnahme einer Blastozyste bereit.


3. Menstruation
Wenn keine Implantation stattfindet, wird das Endometrium abgebaut und in der Menstruation ausgeschieden.


Schlüssel: A. Endometrium
B. Schleimpfropf im Gebärmutterhals
C. Endometrium löst sich ab und wird ausgeschieden
D. Gebärmutterhals öffnet sich, Schleimpfropf wird ausgestoßen.
 
 

1. Die Vorbereitung der Ovulation


Das Gewebe des Endometriums ist nach der Menstruation sehr dünn. Unter dem Einfluß von Östrogen beginnt es zu wachsen. Östrogen ist ein in den Ovarien gebildetes Hormon, das direkt in die Blutbahn gegeben wird. Durch den Anstieg des Östrogenspiegels wird das Wachstum der Eizellen in den Graaf-Follikeln angeregt. Nur einer dieser FoHikel entwickelt sich bis zum Eisprung, die anderen bilden sich wieder zurück. Nach ungefähr zwei Wochen platzt er und setzt eine Eizelle frei. Dieser Vorgang wird als Ovulation oder Eisprung bezeichnet. Zum Zeitpunkt des Eisprungs ist die Uterusschleimhaut bereits deutlich dicker geworden und bietet bereits annähernd die zur Implantation erforderlichen Bedingungen.


Der Eisprung erfolgt ungefähr zwei Wochen vor Beginn der nächsten Menstruation. Das heißt, wenn keine Befruchtung und keine Implantation stattfinden, löst sich dieses Gewebe ab und wird nach zwei Wochen ausgeschieden. Bei einem Menstruationszyklus von 28 Tagen kann man also davon ausgehen, daß der Eisprung am 14. Tag stattfindet; bei einem Zyklus von 35 Tagen wird es nach dieser Berechnung am 21. Tag zum Eisprung kommen. Während der Zeitraum zwischen Eisprung und nächster Menstruation relativ konstant bleibt, kann die Zeitspanne zwischen Menstruation und dem erneuten Eisprung erheblich variieren. Dies muß berücksichtigt werden, wenn eine Empfängnis mit Hilfe der Basaltemperatur-Methode (Rhythmus-Methode) verhütet werden soll.


2. Die Vorbereitung der Implantation


• Der Follikel, der die reife Eizelle enthält, beginnt kurz vor der Ovulation ein neues Hormon zu bilden, das Progesteron. Diese Hormonbildung nimmt nach der Ovulation noch erheblich zu, während sich der geplatzte Follikel zum Gelbkörper (Corpus luteum) umwandelt. Neben Progesteron, das eine erhebliche Rolle in der letzten Entwicklungsphase der Uterusschleimhaut spielt, bildet das Corpus luteum auch Östrogen. Unter dem Einfluß dieser Hormone erreicht die Uterusschleimhaut ihre größte Dicke und die Fähigkeit, eine befruchtete Eizelle aufzunehmen.


Nachdem die Eizelle vom Eierstock freigesetzt worden ist, wird sie von den Fimbrien aufgenommen und in Richtung Uterus transportiert. Innerhalb weniger Stunden vollziehen sich die letzten Reifungsschritte, und die Eizelle kann nun befruchtet werden. Nach der Befruchtung wächst das Ei zu einer Gruppe von Zellen heran, die weiter durch den Eileiter in den Uterus wandern und diesen nach ungefähr drei Tagen erreichen. Nach drei bis vier weiteren Tagen beginnt der entstandene Zellenball schließlich, sich in das schützende und nährende Gewebe der Uterusschleimhaut einzunisten. Damit hat die Schwangerschaft begonnen.
 

II. Die drei Phasen des Menstruationszyklus
(Gerechnet ab dem ersten Tag der Menstruation)

Schlüssel:
FSH: Follikel-stimulierendes Hormon
Ö: Östrogen
LH: Luteinisierendes Hormon
P: Progesteron.
Man beachte den erheblichen Anstieg des Progesteronspiegels in den ersten 24 Stunden nach der Ovulation.
 
 


Das Corpus luteum und seine Progesteron- und Östrogenbildung erhalten die Schwangerschaft aufrecht. Dadurch kommt es nicht zu einer erneuten Ovulation, und die Uterusschleimhaut wird nicht abgebaut. Das bedeutet, daß im Falle einer Schwangerschaft der Menstruationszyklus unterbrochen wird und nicht in die dritte Phase eintritt.


3. Menstruation


Eine Befruchtung ist nur innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Ovulation möglich. Wenn das Ei innerhalb dieser Zeit nicht auf Samenzellen trifft, stirbt es ab und wird aufgelöst. Natürlich findet in diesem Fall auch keine Einnistung in das Gebärmuttergewebe statt. Deshalb ist nun dieses Gewebe nicht weiter nötig und löst sich ab - es kommt zur Menstruation. Die bei der Menstruation abgesonderte Flüssigkeit besteht in der Hauptsache aus Schleim, Geweberesten und einer unterschiedlichen Menge Blut. Normalerweise dauert die Menstruation drei bis fünf Tage. In der Umgangssprache werden diese Tage auch einfach als „Periode" bezeichnet.


Während dieser „Periode" kann eine Frau sich auch körperlich unwohl fühlen. Es können Rückenschmerzen, Kopfschmerzen und Krämpfe im Unterleib vorkommen. Manchmal leiden Frauen auch bereits ein paar Tage vor der Menstruation unter solchen Beschwerden. Solche prämenstruellen Span-nungszustände und Beschwerden können meist durch Medikamente behoben werden. Nur in seltenen Fällen muß jedoch deswegen der übliche Tagesablauf unterbrochen werden. Während der Menstruation kann zum Beispiel jederzeit Sport betrieben werden, ohne daß dies irgendwelche gesundheitlichen Schäden nach sich zieht.


Frauen tragen heute vielfach Tampons während ihrer Menstruation. Diese Tampons werden aus Baumwolle oder anderen saugfähigen Materialien hergestellt. Sie werden in die Vagina eingeführt, wo sie die Menstruationsflüssigkeit aufsaugen. Weil dies allerdings ausgesprochen unphysiologisch ist und weil bei Tampongebrauch gelegentlich gefährliche bakterielle Infektionen aufgetreten sind, empfehlen Ärzte neuerdings wieder eher saugfähige Binden, die, äußerlich auf die Vulva aufgelegt, das Einwandern von Krankheitserregern bei entsprechender Hygiene verhindern.


Geschlechtsverkehr während der Menstruation


Bei vielen Völkern war in der Vergangenheit Geschlechtsverkehr während der Menstruation streng untersagt. Ganz allgemein sah man Frauen während ihrer Regelblutungen als „unrein" an. In einigen Kulturkreisen herrschte der Glaube, daß ein Mann krank würde, wenn er mit einer menstruierenden Frau Geschlechtsverkehr ausübte. Die moderne Forschung hat jedoch ergeben, daß solche Ansichten nur Vorurteile und Aberglaube sind. Vom rein medizinischen Standpunkt aus besteht kein Grund, zu irgendeiner Zeit während des Menstruationszyklus den Geschlechtsverkehr einzustellen. Tatsächlich sind viele Frauen gerade vor oder während ihrer Periode für sexuelle Reize besonders empfänglich. Manche Paare lehnen jedoch Koitus während der Blutungen aus ästhetischen Gründen ab. In diesem Fall könnte ein Diaphragma verwendet werden; es hält nicht nur das Blut zurück, sondern stellt gleichzeitig eine Empfängnisverhütung dar. Spermien können schließlich noch einige Tage lang im Körper der Frau weiterleben, und Menstruationszyklen können sehr unregelmäßig sein. Eine frühe Ovulation ist also nie ganz auszuschließen (vgl. a. Kap. 4.4 „Empfängnisverhütung").


Menopause


Normalerweise stellt eine Frau zwischen dem 45. und 50. Lebensjahr fest, daß ihr Zyklus unregelmäßig wird, bis sie schließlich ganz aufhört zu menstruieren, Dieses endgültige Aufhören von Menstruation wird Menopause genannt (von griech. men: Monat und pauomai: aufhören). Die umfassendere Bezeichnung „Klimakterium" (von griech. klimakter: Leitersprosse) weist darüber hinaus auf die allgemeinen körperlichen und psychischen Veränderungen hin, die sich zu dieser Zeit im Leben einer Frau abspielen. Wie bereits beschrieben, sinkt die Anzahl der Oozyten bei der Frau im Laufe der Jahre auf Null ab. Gleichzeitig läßt die Bildung der für den Menstruationszyklus notwendigen Hormone nach. Die sich daraus ergebenden hormonellen Umstellungen können bei manchen Frauen vorübergehend Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Müdigkeit, Schlaflosigkeit und Depressionen mit sich bringen. Ein anderes häufig auftretendes Symptom ist „aufsteigende Hitze", Hitzewellen, die plötzlich den ganzen Körper erfassen. Eine solche Hitzewelle kann wenige Sekunden, aber auch Minuten andauern, kurzes Frieren und Schweißausbrüche können folgen. Solche Beschwerden der Menopause können durch Hormonbehandlung verringert oder vermieden werden.


Das Klimakterium dauert meist nicht länger als zwei Jahre. Während dieser Zeit wird die Menstruation immer seltener, Ovulationen - und damit auch Schwangerschaften - sind jedoch durchaus noch möglich. Eine Frau, die in dieser Zeit nicht schwanger werden will, ist deshalb gut beraten, empfängnisverhütende Mittel weiterhin zu verwenden. Erst ein Jahr nach der letzten Menstruation kann sie sicher sein, nicht mehr fruchtbar zu sein.


Der Verlust der Fruchtbarkeit hat keinen Einfluß auf die sexuelle Ansprechbarkeit der Frau. Oft zeigt sich bei vielen Frauen ein erneutes, verstärktes Interesse am Geschlechtsverkehr, wenn keine Schwangerschaften mehr zu befürchten sind. (Vgl. a. Kap. 1.2 „Die Bedeutung der Hormone".)


 

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