Die männlichen Geschlechtsorgane

2.1 Die männlichen Geschlechtsorgane


Seit den frühen Tagen der Menschheit hat man den Geschlechtsorganen eine besondere Bedeutung zugemessen und sie als wesentlich verschieden von allen übrigen Körperteilen interpretiert. In früheren Kulturen wurden sie religiös verehrt, und man glaubte, dass sie magische Kräfte besäßen. Das Gegenteil ist in unserem Kulturkreis der Fall; man hielt Geschlechtsorgane lange Zeit eher für eine Peinlichkeit. Es gab sogar Zeiten, zu denen die Geschlechtsorgane für so abstoßend, beschämend und schmutzig galten, dass man sie überhaupt nicht erwähnen durfte. Im Lauf der Zeit wurde schon der Gedanke an sie unanständig; schließlich schien man übereinzukommen, dass es sie gar nicht gäbe.


Während heute die wenigsten Menschen noch so übertrieben reagieren, ist eine offene Aussprache über sexuelle Dinge für viele nach wie vor ungewohnt. Man muss auch zugeben, dass unsere Umgangssprache für sexuelle Fragen bemerkenswert ungeeignet zu sein scheint. Die meisten Begriffe enthalten eher moralische Wertungen als wissenschaftliche Beobachtungen. Rein beschreibende, genaue Begriffe sind eher selten. In medizinischen Fachbüchern und Unterrichtswerken zum Beispiel werden die Geschlechtsorgane als „Genitalien" (vonlat. genitalia: Zeugungsorgane) oder „Reproduktionsorgane" bezeichnet. Diese Bezeichnungen betonen die Fortpflanzungsfunktion der Geschlechtsorgane und unterschlagen dabei ihre Lustfunktion. Eine so einseitige Wortwahl kann leicht zu einseitigen Anschauungen führen. Denn tatsächlich dienen die sogenannten „Fortpflanzungsorgane" nicht überwiegend der Fortpflanzung, sondern der sexuellen Lust. Das wird besonders bei Kindern deutlich, die Orgasmen haben können, lange bevor sie fortpflanzungsfähig sind. Dass die Geschlechtsorgane auch eine Fortpflanzungsfunktion haben, ist tatsächlich erst relativ spät entdeckt worden. Es gab Naturvölker, die diese Verbindung nicht herstellten, obgleich sie offensichtlich ein befriedigendes Geschlechtsleben führten.


Auch der in diesem Buch verwandte Ausdruck „Geschlechtsorgane" ist nicht sehr genau, da er eine Doppelbedeutung hat. In erster Linie bezeichnet



dieser Begriff die Organe, die das Geschlecht eines Menschen bestimmen. In diesem Sinne bezeichnen die Geschlechtsorgane den größten Unterschied zwischen den Geschlechtern, und man nennt sie deshalb die primären Geschlechtsmerkmale. Zum anderen weist das Wort „Geschlechtsorgane" aber auch darauf hin, dass sie beim Geschlechtsleben des Menschen eine Rolle spielen. Manche Menschen sind so immer noch der Auffassung, dass nur diese Organe etwas mit dem Geschlechtsverkehr zu tun haben. Die sexuelle Reaktion des Menschen ist jedoch nicht auf einige wenige Organe beschränkt, sondern ist eine Reaktion des ganzen Körpers. Mund und Haut beispielsweise sind ebenfalls als „Geschlechts"-Organe anzusehen, weil sie sexuelle Reize übermitteln und empfangen. Nur wenn man sich dieser wichtigen Tatsache bewusst ist, ist es vertretbar, den Begriff „Geschlechtsorgane" in dem hier gewählten engeren Sinn zu gebrauchen.


Für manche Menschen klingen die gängigen medizinischen Fachausdrücke zu technisch und zu eindeutig. Sie ziehen es vor, umschreibend von ihrem „Intimbereich" zu reden. Diese Wortwahl legt es nahe, die Geschlechtsorgane als etwas nicht zu Benennendes und zu Versteckendes zu betrachten, etwas Persönlicheres als zum Beispiel den Mund, die Augen und die Ohren. Diese Einstellung ist jedoch Ausdruck eines moralischen Wertsystems, das keineswegs immer so gegolten hat. Es gab Kulturen, in denen diese sogenannten „intimen Organe" vollkommen öffentlich waren, wo riesige Darstellungen männlicher und weiblicher Geschlechtsorgane Tempel, Theater und öffentliche Plätze schmückten. Darüber hinaus gab es Kulturen, in denen nicht nur die Nacktheit gefördert wurde, sondern wo auch Geschlechtsorgane mit kunstvollen Ornamenten geschmückt und so besonders hervorgehoben wurden.


Junge Menschen von heute haben ebenfalls eine relativ offene Haltung gegenüber der Sexualität. Sie erschrecken oder ekeln sich im allgemeinen vor keinem bestimmten Körperteil; statt dessen sind sie einfach neugierig. Für sie ist Sexualität einfach ein Aspekt des Lebens, mit dem sie vertraut werden müssen. Besonders während der Pubertät, wenn sie ihre eigene sexuelle Reifung beobachten, empfinden sie allerdings ihren Körper manchmal fremd und ungewohnt. Sie fordern daher eine objektive Aufklärung. Da solche Aufklärung immer leichter zu erhalten ist, werden auch die Geschlechtsorgane mehr und mehr ihre frühere Aura des Geheimnisvollen verlieren. Andererseits kann das richtige Verständnis von den eigenen Geschlechtsorganen, ihrer Anatomie und ihrer Funktion erheblich dazu beitragen, ein gesundes und produktives Leben zu führen.

 

  1. Penis
  2. Corpus cavernosum
    (ein Paar)
  3. Corpus spongiosum
  4. Vorhaut (Präputium)
  5. Eichel (Glans)
  6. Harnröhrenöffnung
  7. Hodensack (Skrotum)
  8. Hoden (ein Paar)
  9. Nebenhoden
    (Epididym, ein Paar)
  10. Samenleiter
    (Vas deferens, ein Paar)
  11. Samenblase (ein Paar)
  12. Harnblase
  13. Vorsteherdrüse (Prostata)
  14. Harnröhre (Urethra)
  15. Bulbourethraldrüse
    (Cowper-Drüse, ein Paar)

 


Die folgenden Seiten geben eine eingehende Beschreibung der männlichen Geschlechtsorgane. Dabei werden zunächst die äußeren Geschlechtsorgane beschrieben, denn ihnen gilt gerade seitens junger Menschen anfänglich das größte Interesse. Um jedoch ihre Funktion zu verstehen, muss man auch die inneren Geschlechtsorgane genauer betrachten, obwohl deren Existenz vielen Menschen niemals bewusst wird.


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