Wehen und Entbindung

4.3.1 Wehen und Entbindung


Ärzte teilen den Geburtsvorgang in drei Abschnitte ein:


1. die Eröffnung des Gebärrnuttermundes (Eröffnungsperiode)


2. die eigentliche Geburt des Kindes (Austreibungsperiode)


3. die Ablösung und Ausstoßung der Nachgeburt (Nachgeburtsperiode).


Eröffnungsperiode


Dieser erste Abschnitt der Geburt dauert am längsten: bei einer Erstgebärenden normalerweise zehn bis zwölf Stunden, bei anderen Frauen ungefähr sechs bis acht Stunden. In dieser Zeit beginnen die Wehenschmerzen langsam, werden dann häufiger und intensiver. Sie werden durch Muskelkontraktionen der Gebärmutter verursacht, die in einem bestimmten Rhythmus auftreten und jeweils von vollkommener Entspannung gefolgt sind.


Anfangs dauern diese Kontraktionen ungefähr 30 Sekunden und treten in Abständen von 15 bis 20 Minuten auf. Mit fortschreitender Wehentätigkeit nehmen die Phasen der Entspannung auf drei bis vier Minuten ab, während die Wehen bis zu 60 Sekunden oder länger dauern. Eine Frau, die sich auf die Geburt richtig vorbereitet hat, kann diese körperliche Belastung durch Entspannen und richtiges Atmen entscheidend erleichtern und dadurch die Vorgänge in ihrem Körper unterstützen, statt sich gegen sie zu wehren. Durch diese Wehen wird der Gebärmuttermund erweitert, bis der Kopf des Kindes in die Vagina eintreten kann. Damit ist der erste Abschnitt, die Eröffnungsperiode, beendet und die eigentliche Geburt kann beginnen.


Spätestens wenn die Wehen alle fünf Minuten einsetzen und etwa eine halbe Minute dauern, sollte sich die werdende Mutter ins Krankenhaus begeben. Ein weiteres Zeichen der bevorstehenden Geburt ist das Ausstoßen eines Schleimpfropfs, der als Barriere zwischen Uterus und Vagina diente. Er kann leichte Blutspuren aufweisen. Ein weiteres Anzeichen für die bevorstehende Geburt ist das Zerspringen der Fruchtblase. Dadurch kommt es zum Herausfließen von Fruchtwasser aus der Vagina.


Austreibungsperiode


Dieser Abschnitt ist wesentlich kürzer als der erste, er beansprucht etwa eine Stunde bei erstgebärenden Frauen, eine halbe Stunde bei anderen Frauen. In dieser Phase wird das Kind - meist mit dem Kopf voran - aus der Gebärmutter durch die Vagina zur Welt gebracht. Diesen Prozess kann die Mutter durch Kontraktionen der Unterleibsmuskeln und durch kräftiges Pressen unterstüt-


zen. Wenn der Kopf des Kindes geboren ist, folgt der Rest des Körpers meist


mühelos.


Das neugeborene Kind ist mit der Plazenta, die zunächst im Uterus verbleibt, durch die Nabelschnur verbunden. Diese Verbindung, die zur Ernährung und zum Sauerstoffaustausch diente, ist jedoch jetzt nicht mehr notwendig. Der plötzliche Temperaturwechsel und der atmosphärische Druck, gelegentlich auch ein leichter Klaps auf das Hinterteil, fuhren dazu, dass das Kind zu atmen beginnt. Sobald die Atmung sich stabilisiert hat, kann die Nabelschnur abgetrennt werden. Da die Nabelschnur keine Nerven enthält, verursacht dies keine Schmerzen. Nach einer bestimmten Zeit trocknet der am Nabel des Säuglings verbleibende Teil ein und löst sich von selbst ab.


Nachgeburtsperiode


In der dritten Phase der Geburt werden die Plazenta und die Eihäute etwa 15 Minuten nach der Geburt des Kindes ausgestoßen. Die Entbindung der sogenannten Nachgeburt dauert nur ein paar Minuten, danach beginnt die Gebärmutter, sich zusammenzuziehen und im Laufe der folgenden Wochen ihre vorherige Form und Größe wieder anzunehmen.


Mögliche Komplikationen


Eine Geburt ist eine normale Funktion für den weiblichen Körper. Die meisten Gefahren und Komplikationen, die allgemein mit einer Geburt in Verbindung gebracht werden, gehören der Vergangenheit an. Sie wurden zumeist nicht durch die Geburt selbst, sondern durch die primitiven und unhygienischen Umstände verursacht, unter denen sie stattfand. Eine moderne Frau, die während der Schwangerschaft regelmäßig zum Arzt gegangen ist und sich auch während der Geburt fachlicher Hilfe versichert, hat keinen Anlass zu ernsthaften Befürchtungen. Mögliche Komplikationen können heute meist rasch und fachgerecht behoben werden. Es kommt zum Beispiel häufig vor, dass beim Austreten des Kopfes der Scheidenrand einzureißen droht. In diesem Fall nimmt der Arzt einen kleinen Einschnitt vor (Episiotomie), um das Einreißen zu verhindern. Dieser Einschnitt wird nach der Geburt genäht und verheilt innerhalb kurzer Zeit. Ein weiteres Problem kann entstehen, wenn das Kind mit den Füßen oder dem Gesäß zuerst erscheint (statt, wie in den meisten Fällen, mit dem Kopf). Diese sogenannte Beckenendlage kann den Geburtsvorgang verzögern und damit zur Gefahr für das Kind werden. Eine weitere Gefahr für alle Kinder ist eine Augeninfektion durch Gonokokken. Um derartigen Infektionen vorzubeugen, werden die Augen jedes Neugeborenen mit einer Silbernitrat-Lösung behandelt,


Es gibt Fälle, in denen eine normale Geburt aus dem einen oder anderen Grund unmöglich ist und ein Kaiserschnitt notwendig wird. Dabei werden Bauchdecke und Uterus der Mutter aufgeschnitten und das Kind herausgeholt, bevor es in die Vagina gelangt. Der Begriff “Kaiserschnitt" geht darauf zurück, dass der römische Kaiser Julius Cäsar auf diese Weise geboren worden sein soll.


Geburt im Krankenhaus

Heute werden bei uns die meisten Kinder im Krankenhaus geboren. Intensive medizinische Versorgung und die Möglichkeit zum raschen Eingreifen im Notfall, zum Beispiel bei Komplikationen, haben mögliche Gefahren der Geburt für Mutter und Kind erheblich verringert.

 

Hausgeburt

In jüngerer Zeit bevorzugen immer mehr Frauen eine Hausgeburt, um so der ganzen Familie die Möglichkeit zu geben, an dem Ereignis teilzuhaben. Solange fachliche Betreuung gewährleistet ist, stellt die Hausgeburt kein höheres Risiko dar. Die hier gezeigte Geburt wurde von einem Geburtshelfer geleitet.


 

[Titelseite] [Inhalt] [Vorwort z. dt. Ausgabe] [Vorwort z. 2. Auflage] [Der menschl. Körper] [Geschlechtsuntersch.] [Der männliche Körper] [Der weibliche Körper] [Die Fortpflanzung] [Körperliche Probleme] [Das Sexualverhalten] [Sexualität & Gesellsch.] [Anhang (Akt. Themen)] [Bildnachweis]