Genetische Defekte

5.2 Genetische Defekte


„Niemand ist vollkommen" sagt ein Sprichwort - und das trifft im Hinblick auf Form und Funktion unseres Körpers besonders zu. Fast alle Menschen haben irgendwelche ererbten Schwächen und Mängel. Diese Mängel sind oft relativ belanglos, wie zum Beispiel die vorzeitige Ausbildung einer Glatze oder Plattfüße. Manche Fälle sind jedoch erheblich schwerwiegender: zum Beispiel Hämophilie (Bluterkrankheit), Sichelzell-Anämie oder bestimmte Formen von Muskeldystrophie. Zweifellos könnte viel menschliches Leid verhindert werden, wenn solche genetischen Defekte nicht von einer Generation auf die nächste übertragen würden.


Leider werden bestimmte genetische Defekte durch gesunde Merkmalsträger vererbt, das bedeutet, dass diese Menschen selbst von der Krankheit nicht betroffen sind und daher oft nichts von der möglichen Gefahr für ihre Nachkommen wissen.


Genetische Defekte können in zwei große Gruppen zusammengefast werden: solche mit dominanter und solche mit rezessiver Erbfolge. Ein dominanter genetischer Defekt wird von einem Elternteil allein übertragen. Das bedeutet: Auch wenn nur ein Elternteil diesen genetischen Defekt aufweist, wird er rein rechnerisch auf die Hälfte der Kinder übertragen. Ein rezessiver genetischer Defekt kann nur von beiden Eltern übertragen werden. Wenn nur ein Elternteil einen rezessiven genetischen Defekt hat, wird dieser bei keinem der Kinder sichtbar. Haben jedoch beide Eltern den gleichen rezessiven genetischen Defekt, wird er folgendermaßen vererbt: durchschnittlich wird von je vier Kindern eines in keiner Weise betroffen sein, zwei Kinder werden gesunde Merkmalsträger sein, bei einem wird der Defekt sichtbar werden.


Angesichts dieser Tatsachen lassen sich manche Menschen hinsichtlich ihrer Erbanlagen beraten, bevor sie sich dazu entschließen, Kinder zu bekommen. Eine gründliche Untersuchung des Paares und der medizinischen Familienvorgeschichte beider Partner kann wertvolle Hinweise geben, ob die Vererbung schwerer genetischer Defekte wahrscheinlich ist. Bei den meisten Paaren wird sich herausstellen, dass kein Grund zur Beunruhigung besteht, manche werden jedoch feststellen müssen, dass sie kein eigenes gesundes Kind bekommen können, und sie werden mit einem adoptierten Kind wesentlich glücklicher sein. Es ist auch in seltenen Fällen möglich, dass schwere genetische Defekte oder Abnormitäten des ungeborenen Kindes erst im Laufe der Schwangerschaft entdeckt werden. Dies kann ein Grund sein, die Schwangerschaft abzubrechen. Untersuchungen und Beratungen in diesen Fragen werden durch humangenetische Beratungsstellen vorgenommen, die meist Universitätskliniken angeschlossen sind.


 

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