Die Frau während der Schwangerschaft

4.2.2 Die Frau während der Schwangerschaft


Nach der Darstellung von Entwicklung und Wachstum des neuen Lebens vor der Geburt soll im folgenden die Schwangerschaft aus der Sicht der Mutter dargestellt werden.


Anzeichen der Schwangerschaft


Die Plazenta, die sich nach der Implantation des Embryo entwickelt, bildet ein Hormon, das Choriongonadotropin. Dieses Hormon beeinflußt die Eierstöcke und bewirkt eine anhaltende Östrogen- und Progesteronproduktion. Infolgedessen reifen in den Eierstöcken keine neuen Eizellen mehr, und die Menstruation bleibt aus, da die Uterusschleimhaut während der Schwangerschaft nicht den Einflüssen des Menstruationszyklus unterworfen ist. Aus diesem Grund kann eine Frau, wenn sie Geschlechtsverkehr hatte, eine Schwangerschaft vermuten, sobald ihre erwartete Menstruation ausbleibt. Das Ausbleiben der Menstruation allein ist jedoch kein schlüssiger Beweis, denn dies kann auch aus anderen Gründen, manchmal sogar über längere Zeit hin, der Fall sein. Die Wahrscheinlichkeit, daß eine Schwangerschaft vorliegt, wächst, wenn zusätzlich eine Vergrößerung der Brüste festgestellt wird und der Hof um die Brustwarzen sich dunkler färbt, wenn morgendliche Übelkeit auftritt und häufiger Harndrang festzustellen ist. Trotzdem bedeuten alle diese sogenannten wahrscheinlichen Schwangerschaftszeichen noch nicht unbedingt, daß eine Frau tatsächlich schwanger ist.


Ein größeres Maß an Sicherheit bieten folgende Anzeichen: Vergrößerung des Uterus, ein weicher Gebärmutterhals, eine Umfangsvergrößerung des Unterleibes etwa im dritten Monat. Drei Wochen nach der Implantation (also etwa sechs Wochen nach der letzten Menstruation) ist im Urin das Choriongonadotropin nachweisbar. So kann ganz einfach innerhalb weniger Minuten beim Arzt oder in der Apotheke ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. Dieser Test ist bei positivem Ergebnis fast immer verläßlich, er kann jedoch falsch negativ sein, das bedeutet, daß vorhandene Hormone nicht nachgewiesen werden. Ein negativer Test sollte deshalb etwas später wiederholt werden.


Es gibt drei sichere Anzeichen für eine Schwangerschaft: l.Den Herzschlag des Fötus, den der Arzt etwa vom fünften Schwangerschaftsmonat an durch ein Stethoskop hören kann.


2. Die Bewegungen des Fötus, die etwa um die gleiche Zeit fühlbar werden.


3. Das Bild des Fötus, das bei einer Ultraschalluntersuchung gesehen werden kann.


Das Erste Schwangerschaftsdrittel


Ärzte teilen die neun Monate in drei Drittel zu je drei Monaten. Im Ersten Drittel (das am ersten Tag der letzten Menstruation beginnt) stellt die werdende Mutter die ersten Anzeichen der Schwangerschaft fest. Das Ausbleiben der Menstruation und morgendliche Übelkeit sind meist der Anlaß, daß eine Frau ihren Hausarzt oder ihren Gynäkologen aufsucht. Der Arzt wird durch eine körperliche Untersuchung und einen Hormontest festzustellen versuchen, ob tatsächlich eine Schwangerschaft vorliegt. Wie bereits erwähnt, ist der Nachweis einer Schwangerschaft durch einen Labortest etwa sechs Wochen nach der letzten Menstruation möglich. Dieser Schwangerschaftest wird allerdings in der Regel nicht von den deutschen Gesetzlichen Krankenkassen bezahlt.


Wenn eine Schwangerschaft vorliegt, sollte die Frau bis zur Geburt ihres Kindes medizinisch betreut werden. Anhand ihrer medizinischen Vorgeschichte und einer gründlichen Untersuchung muß zunächst festgestellt werden, ob Risiken bestehen oder Komplikationen im Verlauf der Schwangerschaft zu erwarten sind. Daneben müssen verschiedene Laboruntersuchungen vorgenommen werden. Anhand einer Blutprobe muß zum Beispiel untersucht werden, welche Blutgruppe die Frau hat und ob das Blut Rh-positiv oder Rh-negativ ist, ob Abwehrstoffe gegen Röteln (Röteln-Antikörper) oder Hinweise auf eine bestehende Syphilis vorhanden sind. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, daß die Schwangerschaft ohne Komplikationen verläuft und schließlich ein gesundes Kind geboren wird.


Das Zweite Schwangerschaftsdrittel


Die Zeit vom Beginn des vierten bis zum Ende des sechsten Schwangerschaftsmonats ist unter normalen Umständen die angenehmste Zeit für die schwangere Frau. Die vorher häufige Übelkeit tritt jetzt nicht mehr auf, und der Fötus, der noch sehr klein ist, bereitet keine körperlichen Beschwerden. Um den fünften Monat herum werden die ersten Bewegungen des Kindes spürbar und man kann seine Herztöne ohne Hilfsmittel hören. Mit dem fortschreitenden Wachstum des Fötus nimmt auch der Bauch der Mutter an Umfang zu, so daß gegen Ende des zweiten Schwangerschaftsdrittels die Schwangerschaft deutlich sichtbar ist.
 

 Entwicklung des Embryos
1. 4 Wochen    2. 5 Wochen    3. 6 Wochen      4. 7 Wochen     5. 8 Wochen
 


Das Dritte Schwangerschaftsdrittel


In den letzten drei Schwangerschaftsmonaten sollte jede Frau ihren Arzt häufiger aufsuchen, um mögliche Komplikationen auszuschließen. Das zunehmende Wachstum des Fötus wird nun noch deutlicher, denn der Uterus reicht nun in der Bauchhöhle der Schwangeren bis in Höhe des Bauchnabels. Etwa bis zur 38. Woche hat der Fötus sein Wachstum abgeschlossen, man bezeichnet ihn als „ausgetragen".


Die genaue Dauer von Schwangerschaften ist variabel, selbst bei mehreren Schwangerschaften derselben Frau. Frauen, die aktiv Sport treiben, gebären meist früher als andere, Mädchen werden oft früher geboren als Jungen; in seltenen Fällen dauert eine Schwangerschaft auch länger als 280 Tage.


Mögliche Komplikationen


Der Körper einer Frau verändert sich im Laufe der Schwangerschaft in vielerlei Weise. Einige dieser Veränderungen können als beunruhigend oder unerfreulich wahrgenommen werden. Übelkeit, Verstopfung, Rückenschmerzen, Wadenkrämpfe und Krampfadern treten bei schwangeren Frauen nicht selten auf. Solche Beschwerden haben jedoch nicht den Stellenwert von Komplikationen, sondern sie sind normale Begleiterscheinungen einer Schwangerschaft. Es gibt demgegenüber Komplikationen, bei denen ärztliche Hilfe erforderlich ist. Jede schwangere Frau kann selbst dazu beitragen, diesen Schwierigkeiten zu begegnen oder vorzubeugen, indem sie regelmäßige ärztliche Betreuung in Anspruch nimmt.


Fehlgeburt (Spontanabort)


Fast 25 Prozent aller Schwangerschaften enden mit dem Absterben des Fötus innerhalb der ersten zwei Schwangerschaftsdrittel, das heißt als Fehlgeburt oder Spontanabort. Die Gründe hierfür sind meist Fehlentwicklungen des Fötus infolge von Defekten der Ei- oder Sarnenzellen oder auch Komplikationen bei der Implantation. Anatomische Fehlbildungen oder funktionelle


Störungen der Frau können gleichfalls die Ursache sein. Weitere Gründe können in unzureichender Ernährung, Krankheit oder psychischen Problemen liegen. Anstrengendes körperliches Training oder Gymnastik haben in der Regel keinen negativen Einfluß. Entgegen einer weitverbreiteten Auffassung führen Springen, Fallen, Schläge oder Tritte in den Unterleib in der Regel nicht zur Fehlgeburt.


Frühgeburt


Wenn ein Kind mit einem Gewicht unter 2500 Gramm geboren wird, spricht man von einer Frühgeburt. Je näher am eigentlichen Schwangerschaftsende ein frühgeborenes Kind zur Welt kommt, um so größer sind natürlich seine Überlebenschancen. Zwar kommt es vor (wenngleich sehr selten), daß ein Fötus überlebt, der gegen Ende des sechsten Monats geboren wird. Die Chance des Überlebens ist bereits im siebten Monat wesentlich günstiger, und sie steigt natürlich im achten Monat weiter an. Bei einer drohenden Frühgeburt muß man selbstverständlich einen Facharzt oder eine Klinik aufsuchen. Die Ursachen für Frühgeburten sind nicht immer einfach zu klären. Man sagt, bestimmte Krankheiten, Belastungen und konstitutionelle Faktoren der Mutter seien hierfür ein Grund. Es gibt aber auch Hinweise darauf, daß zum Beispiel fortgeschrittenes Alter, starkes Rauchen der Schwangeren oder soziale Faktoren eine Rolle spielen.


Der Rhesusfaktor


Der Rh-Faktor (Rhesusfaktor), der im Blut der meisten Menschen vorhanden ist, wirkt im Körper von Menschen, die ihn nicht haben, wie ein Fremdkörper (Antigen) und ruft bestimmte Abwehrreaktionen (Antikörperreaktionen) hervor. Die Befruchtung einer Frau, die diesen Faktor nicht hat (Rh-negativ) durch einen Rh-positiven Mann kann zu Komplikationen in der Schwangerschaft führen. Denn es ist möglich, daß der Fötus Rh-positives Blut hat und die Frau darauf mit der Bildung von Antikörpern reagiert, die dem Fötus


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4. Die Fortpflanzung 85


schaden. Im Falle einer ersten Schwangerschaft muß dies auch ohne Diagnose und Behandlung nicht unbedingt zu einer Schädigung des Fötus führen. Dies wird in den nachfolgenden Schwangerschaften bei gleicher Rh-Faktorenkon-stellation wahrscheinlicher. Man kann diese Probleme jedoch mit den Mitteln der modernen Medizin gut beherrschen.


ders jetzt daran denken, daß der Koitus nur eine der vielen Möglichkeiten sexueller Betätigung ist. Vielleicht sollte man sich - wenigstens für eine bestimmte Zeitspanne - anderen Formen des Geschlechtsverkehrs zuwenden (vgl. Kap. 7.2 „Heterosexueller Geschlechtsverkehr").


Schwangerschaftstoxikose (EPH-Gestose)


Eine Erkrankung in der Schwangerschaft, die durch die Symptome erhöhten Blutdruck, geschwollene Knöchel (Ödeme) und Eiweißausscheidung im Urin gekennzeichnet ist, kann zu ernsten Komplikationen (Krämpfen, Bewußtseinsstörungen) und zu einer Verschlechterung der Überlebensprognose des Kindes führen. Die Ursachen hierfür sind bis heute noch nicht geklärt. Auf jeden Fall können korrekte Diagnose und rasche Behandlung diese Risiken reduzieren.


Eingebildete Schwangerschaft


In sehr seltenen Fällen kann es vorkommen, daß eine Frau Symptome einer Schwangerschaft entwickelt, ohne schwanger zu sein. Ihre Menstruation kann monatelang ausbleiben, sie leidet unter morgendlicher Übelkeit, nimmt an Gewicht zu, ihr Leibesumfang nimmt vielleicht sogar zu und sie bekommt Wehen - aber es gibt keinen Fötus, der geboren werden könnte. Man kann eine solche eingebildete Schwangerschaft natürlich am Fehlen der sicheren Schwangerschaftszeichen erkennen: der Bewegungen des Fötus, seiner Herztätigkeit oder des Nachweises des Skeletts im Ultraschallbild.


 

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