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Schwangerschaftsabbruch (Abtreibung)
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Ein juristisches Thema
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Bis spät ins 20. Jhdt. hinein waren Abtreibungen in den meisten Ländern bei Strafe verboten. Allerdings wurde auch von den strengsten Strafgesetzen zumeist die weitergefasste wissenschaftliche Definition der Empfängnis anerkannt: Es gab keine Strafen für den Gebrauch von Intrauterinpessaren (Spiralen), die trotz einer möglichen Befruchtung eine Einnistung verhindern. Ja, allein schon die Tatsache, dass man diese Mittel bis heute allgemein als Methoden der Empfängnisverhütung, und nicht der Abtreibung ansieht, zeigt, dass die engere Auffassung einiger Kirchen von der Öffentlichkeit nicht geteilt wird. Anders als die Kirchen haben die Gesetzgeber die Abtreibung auch niemals als Mord definiert, denn sonst hätten die Strafen dafür die gleichen sein müssen wie für Mörder: Tod oder lebenslange Freiheitsstrafe. Das war aber niemals der Fall. Die Strafen für eine Abtreibung waren immer viel milder. Außerdem wurde die Hauptperson und Anstifterin der Straftat, nämlich die Frau, praktisch niemals verfolgt. Diese bemerkenswerte Zögerlichkeit, ja Unentschiedenheit aufseiten der Justiz weist auf eines hin: Der moderne, säkulare Staat kann keinen bestimmten religiösen oder einseitigen moralischen Standpunkt vertreten, sondern ist gezwungen, einen Kompromiss zu finden. Der Staat muss den Anhängern vieler verschiedener Religionen ebenso wie den Glaubenslosen gleichermaßen Raum geben, auch und gerade wenn sie sich gegenseitig widersprechen. Er kann das aber nur tun, indem er seine Gesetze soweit wie möglich rational begründet. Im Falle der Abtreibung weisen diese Überlegungen klar in eine Richtung: Die Abtreibung überlässt man am besten dem Fachverstand der Ärzte und dem Gewissen der einzelnen Frau. |