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Das Institut

Magnus Hirschfeld gründete 1919 das weltweit erste Institut für Sexualwissenschaft in Berlin. Es stand unter schattigen Bäumen in dem eleganten, zentral gelegenen Bezirk Tiergarten. Die große dreistöckige Villa war ursprünglich für den Violinvirtuosen Joseph Joachim gebaut worden und hatte dann dem preußischen Gesandten in Frankreich gehört. Außer Hirschfelds eigener Wohnung und ärztlichen Praxis beherbergte das Gebäude noch mehrere sexualwissenschaftliche Abteilungen: 1. Psychotherapie, 2. somatische Sexualmedizin, 3. forensische Sexologie, 4. Gynäkologie und Eheberatung, 5. sexualethnologisches Archiv, 6. Büro der Weltliga für Sexualreform, 7. Bibliothek und 8. Vortragssaal (Ernst-Haeckel-Saal). 1924 wurde das Institut in eine Stiftung umgewandelt mit Hirschfeld als ihrem lebenslangen Direktor. Nach dessen Tod sollte die Universität das Institut übernehmen und dafür einen eigenen Lehrstuhl für Sexualwissenschaft einrichten. Leider wurde diese Verpflichtung von den Nazis bewußt ignoriert und nach Ende des Zweiten Weltkriegs von den neuen Regierungen in Ost und West einfach vergessen. Außer Hirschfeld arbeiteten noch andere bekannte Ärzte an dem Institut wie z.B. Felix Abraham, Bernhard Schapiro, Ludwig Levy-Lenz und der bekannte Psychiater Arthur Kronfeld. Als weltbekannte Attraktion zog das Institut auch viele berühmte Besucher an wie André Gide, Margaret Sanger und Jawaharlal Nehru. Am 6. Mai 1933, gerade drei Monate nach Hitlers Machtübernahme, wurde das Institut von Nazi-Studenten geplündert und dann von den Behörden geschlossen. Die Bibliothek wurde, zusammen mit den Büchern anderer "undeutscher" Autoren wie Freud, Brecht, Werfel, Zweig und Kästner, auf dem Opernplatz öffentlich verbrannt. Im folgenden Krieg stark beschädigt, wurde das Gebäude - wie viele andere in der Nachbarschaft - abgerissen. Heute befindet sich dort ein öffentlicher Park, beherrscht von der Kongreßhalle "Haus der Kulturen der Welt". Bis heute hat keine der drei Berliner Universitäten ein interdisziplinäres Institut im Sinne Hirschfelds eingerichtet. Nur dem amerikanischen Zoologen Alfred C. Kinsey gelang es 1947, an der Indiana University ein derartiges Institut zu gründen, und dort findet sich bis heute auch eine Sammlung der gesamten deutschen sexualwissenschaftlichen Literatur von 1933. Das Foto zeigt eine Außenaufnahme von Hirschfelds Institut. Nicht sichtbar ist ein anschließendes, von Hirschfeld später erworbenes Gebäude, das als Gästehaus diente. Unter anderen wohnte hier auch der Schriftsteller Christopher Isherwood.

1. Während seines vierzehnjährigen Bestehens arbeiteten im Institut verschiedene sexualwissenschaftliche Spezialisten und Ärzte und wie der Psychiater Arthur Kronfeld.
Er entkam den Nazis durch Flucht ins Exil, starb aber - gemeinsam mit seiner Ehefrau - durch eigene Hand in Moskau, als deutsche Truppen näherrückten.

2. Der Arzt Felix Abraham (1901 - 1938) hatte sein Büro und auch seine Wohnräume im Institut. Ins Exil vertrieben, beging er Selbstmord, entweder in der Schweiz, oder in Italien. (Der zuverlässigsten Quelle zufolge in Florenz.)
 

3. Karl Giese, Hirschfelds junger Assistent. Er verblieb bis zur Schließung des Instituts im Jahre 1933 in Berlin. Da es ihm nicht gelang, ein Visum für ein "sicheres" Exilland zu bekommen, beging er 1938 in der Tschechoslovakei Selbstmord, als Hitlers Truppen das Land besetzten.

4. Karl Giese bei einem öffentlichen Vortrag im Ernst-Haeckel-Saal des Instituts. Diese Vorträge wurden regelmäßig abgehalten und beantworteten schriftliche Fragen, die vorher von der Bevölkerung in einen draußen hängenden Briefkasten eingeworfen worden waren.

5. Richard Linsert, ein politisch linksstehender Sexualreformer, arbeitete am Institut an zahlreichen Publikationen, starb aber 1933 sehr jung an Lungenentzündung.

6. Eine historische Sammlung von Verhütungsmitteln in der Abteilung für Sexualreform des Instituts.

7. Einladung zu einer Führung durch das Institut anläßlich des ersten Internationalen Kongresses für Sexualforschung, der 1926 von Albert Moll organisiert wurde. Da Hirschfeld nicht eingeladen worden war, sandte er den Kongreßteilnehmern diese Einladung, ihn zu besuchen.

8. Die große Sammlung des Institutes ermöglichte es Hirschfeld und seinen Mitarbeitern, viele Bücher und Lehrfilme zu produzieren. Insbesondere konnte Hirschfeld das erste umfassende Lehrbuch der Sexualwissenschaft veröffentlichen: "Geschlechtskunde" (5 Bde., 1926 - 1930). Das Bild zeigt die Titelseite.

9. Buchfassung eines der Lehrfilme Hirschfelds, der dafür seine Institutssammlung nutzte: "Gesetze der Liebe" (1927). Eine russische Fassung dieses Films existiert noch beim "Bundesarchiv/Filmarchiv" in Berlin.

10. Titelseite der amerikanischen, unillustrierten Ausgabe von Hirschfelds "Sittengeschichte des Weltkrieges" (1934). Die deutsche Originalausgabe in drei Bänden war mit seltenen historischen Bilddokumenten sehr reichhaltig illustriert.

11. Zeitungsausschnitt, der die Plünderung von Hirschfelds Institut am 6. Mai 1933 illustriert. Hirschfeld selbst sah in einem Pariser Kino die Zerstörung seines Lebenswerks in einer Wochenschau. (New York Herald Tribune, May 17, 1933.)

12. Brief von Harry Benjamin an Hirschfeld. Datum: 23. Mai 1934.

13. Briefliche Ankündigung eines neuen Instituts, das Hirschfeld 1934 in Paris gründete. Leider mußte es wegen fehlender finanzieller Mittel sehr bald wieder geschlossen werden.

14. Einlaßkarte zu einem Vortrag von Hirschfeld in Paris 1934. Zu dieser Zeit hatte er dort gerade sein neues Institut gegründet.