Archiv für Sexualwissenschaft

Humboldt-Universität zu Berlin

Öffentliche Vorlesungen, Heft 9

Erwin J. Haeberle

Berlin und die internationale Sexualwissenschaft

Magnus-Hirschfeld-Kolloquium
Einführungsvortrag, 14. Mai 1993
Fachbereich Kultur- und Kunstwissenschaft
Institut für Wissenschaftsphilosophie und Humanontogenetik

Inhaltsverzeichnis

  1. Impressum
  2. Historischer Rückblick
  3. Die Entwicklung seit dem II. Weltkrieg
  4. Die künftige Rolle eines Berliner Instituts
  5. Anmerkungen



Impressum

Das Magnus-Hirschfeld-Kolloquium wurde von der Präsidentin der Humboldt-Universität, Frau Prof. Dr. Marlis Dürkop, im Wintersemester 1992/93 angeregt.

Benannt nach dem bedeutendsten Pionier der Sexualwissenschaft, dem Berliner Arzt Magnus Hirschfeld (1868-1935), der 1892 an dieser Universität promovierte, soll diese Vortrags- und Diskussionsrunde zum Thema Sexualität den Vertretern verschiedener Disziplinen und verschiedener wissenschaftlicher Ansätze die Gelegenheit zu öffentlichem Austausch geben.

Für das Sommersemester 1993 wurde das Kolloquium noch vom scheidenden Prorektor Prof. Dr. Hans-Dieter Schmidt organisiert.

Dem hier vorliegenden Beitrag folgte am 3. Juni 1993 ein zweiter von Prof. Dr. Günter Tembrock unter dem Titel „Verhaltensbiologische Grundlagen der Geschlechtlichkeit".

Das Kolloquium soll auch in den kommenden Semestern fortgesetzt werden.

Herausgeberin:
Die Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin
Prof. Dr. Marlis Dürkop

Copyright: Alle Rechte liegen beim Verfasser.

Redaktion:
Christine Gorek
Forschungsabteilung der Humboldt-Universität
Unter den Linden 6
10099 Berlin

Herstellung:
Linie DREI, Agentur für Satz und Grafik
Wühlischstraße 33
10245 Berlin

Heft 9

Redaktionsschluß:
15. 7. 1993





Historischer Rückblick

Obwohl der Begriff einer eigenen Sexualwissenschaft erst 1907 von dem Berliner Dermatologen Iwan Bloch geprägt wurde, hat die Sache selbst eine sehr lange Vorgeschichte, auch in Berlin 1. Bereits 1826-1827 skizzierte Wilhelm von Humboldt den Plan für eine „Geschichte der Abhängigkeit im Menschengeschlechte", den man aus heutiger Sicht durchaus als echt sexualwissenschaftlich bezeichnen kann. Er umfaßte nämlich nicht nur spezielle Themen wie „Die Geschichte des Zeugungstriebes" und eine „Geschichte der Hurerei", sondern wollte das Verhältnis der Geschlechter zueinander insgesamt untersuchen, indem er der historisch- politisch erzeugten größeren Abhängigkeit der Frauen die relativ größere Freiheit der Männer gegenüberstellte 2.

Eigentlich lassen sich aber Vorläufer der abendländischen Sexologie schon in der griechischen und römischen Antike ausmachen, wo Philosophen wie Plato und Aristoteles und Ärzte wie Hippokrates, Soranus und Galen Fragen der Sexualerziehung, Sexualgesetzgebung, Sexualethik, der sexuellen Reaktionen und Funktionsstörungen, der Fortpflanzung und Empfängnisverhütung diskutierten. Trotz aller Unterschiede hatten diese Versuche schon eines gemeinsam: Sie bemühten sich um theoretisches Wissen, d.h. objektive, rationale Einsicht in biologische und soziale Tatsachen und Vorgänge.

Damit unterschieden sie sich prinzipiell von einer anderen Betrachtungsweise des Sexuellen, wie sie paradigmatisch in Ovids „Ars amatoria" deutlich wird. Hier geht es um „Liebeskunst", d.h. um eine Anleitung zum praktischen Tun und zum subjektiven, persönlichen Erleben, das auch von Autoren anderer antiker Kulturen gelehrt wurde, etwa von Vatsayana in seinem klassischen „Kama Sutra". Diese Tradition hat sich ebenfalls, wenn auch zunehmend verkümmert und banalisiert, über die Jahrhunderte fortgesetzt bis hin zu modernen Bestsellern wie van de Veldes „Vollkommene Ehe" und Comforts „Joy of Sex". Es handelt sich hier aber um etwas grundsätzlich anderes als Sexualwissenschaft, denn die angestrebte persönliche Lusterfahrung, der sinnliche Genuß, den die Bücher erreichbar machen sollen, muß beim nüchternen, wissenschaftlichen Studium zugunsten klarer Erkenntnis ausgeklammert bleiben. Natürlich kann die einmal gewonnene Erkenntnis wiederum in den Dienst des Erlebens gestellt werden, ja vielleicht könnte man zur Verdeutlichung die „Liebeskunst" sogar als eine Art „angewandte Sexualwissenschaft" bezeichnen. Auf jeden Fall aber stellen „ars amatoria" und „scientia sexualis" zwei grundsätzlich verschiedene Beschäftigungsweisen mit dem Sexuellen dar, die ihre jeweils eigene, hochinteressante Geschichte haben, von denen uns aber hier nur die letztere interessieren soll.

Das sexologische Wissen des Altertums wurde bekanntlich vor allem durch die großen islamischen Gelehrten des Mittelalters bewahrt und ergänzt und auf dem Wege der ersten Universitäten und hohen Schulen, etwa der in Salerno, im christlichen Abendland verbreitet. So entstanden die Voraussetzungen für eine modernere Medizin mit ihren anatomischen Studien (Vesalius, Fallopio, de Graaf, Bartholinus, Cowper etc.) und mikroskopischen Untersuchungen (seit Leeuvenhoek), die neue Erkenntnisse über Bau und Funktion der Sexualorgane brachten. Diese Erkenntnisse waren - und dies ist wichtig - nur möglich aufgrund eines intensiven Austausches über viele Ländergrenzen hinweg. Die Kommunikation wurde allerdings durch die damals universale Gelehrtensprache Latein sehr erleichtert. Schon in ihrer Vorgeschichte hatte die Sexualwissenschaft also einen internationalen Charakter.

Dies wurde noch deutlicher im Laufe des 19. Jahrhunderts mit seiner schnell sich verstärkenden Publikationstätigkeit. Kaum hatte etwa der Psychiater Richard von Krafft-Ebing durch seine Sammlung von Fallbeispielen in Deutschland und Österreich den Begriff der „Psychopathia sexualis" populär gemacht (1886), so gründete in Italien ein anderer Nervenarzt, Pasquale Penta, die erste sexologische Zeitschrift, die ausschließlich dem neuen Thema galt: „Archivio delle psicopatie sessuali" (1897). Hatte der deutsche Jurist Karl-Heinrich Ulrichs in den sechziger Jahren den Begriff „Urning" für einen männerliebenden Mann geprägt, so findet das Wort sich unübersetzt (und unübersetzbar) später im Japanischen des Militärarztes und Schriftstellers Mori Ogai 3. Das 1869 in Berlin von dem österreichisch-ungarischen Schriftsteller K.M. Kertbeny erfundene Wort „Homosexualität" schließlich eroberte sich zuerst die medizinische und dann die gesamte andere Literatur in allen Weltsprachen.

Die beiden letzteren Beispiele machen aber nicht nur den internationalen, sondern auch noch einmal den interdisziplinären Charakter des eigenartigen akademischen Betriebes deutlich, der sich bald als Wissenschaft sui generis, als besondere „Sexual-wissenschaft" vorstellen wird. Als Iwan Bloch diesen Begriff erfindet, fordert er damit eine Kombination von natur- und kulturwissenschaftlichen Anstrengungen, um Antworten auf die „sexuelle Frage" zu finden. Auch er sieht, wie Humboldt, in der Prostitution das sexologische Zentralproblem, das nach umfassender biologischer und soziologischer Forschung verlangt 4. Als Magnus Hirschfeld 1908 die erste „Zeitschrift für Sexualwissenschaft" publiziert, wählt er dafür den österreichischen Mitherausgeber Friedrich Salomon Krauss, einen Ethnologen, also Nichtmediziner. Das soll von vornherein den fächerübergreifenden Charakter der neuen Unternehmung signalisieren. Die Autoren des ersten (und einzigen) Jahrgangs kommen aus Deutschland, Österreich, Polen, Italien und der Schweiz.

Nach Ende des Ersten Weltkrieges, 1921, organisierte Hirschfeld in Berlin den ersten internationalen Sexologenkongress und sieben Jahre später gründete er, zusammen mit seinem dänischen Kollegen Leunbach, in Kopenhagen eine „Weltliga für Sexualreform". Die Präsidenten sind Hirschfeld, der Engländer Havelock Ellis und der Schweizer Auguste Forel. Die Mitglieder kommen aus vielen Ländern von Island bis Argentinien, von Liberia bis Japan.

Die Liga war wohl die größte sexologische Organisation ihrer Zeit, obwohl sie in der von Albert Moll 1913 gegründeten Internationalen Gesellschaft für Sexualforschung eine gewisse Konkurrenz besaß. Diese hatte nämlich 1926 auch einen großen internationalen Kongreß in Berlin veranstaltet, dessen Eröffnungssitzung sogar im Reichstag stattfand (einen zweiten Kongress gab es 1930 in London). Hirschfelds Liga aber traf sich noch dreimal: 1929 in London, 1930 in Wien und 1932 in Brünn. Weitere geplante Kongresse in Moskau und Chicago kamen wegen Nazismus, Stalinismus, Weltwirtschaftskrise und eines erneuten Weltkrieges nicht mehr zustande. Hirschfelds weltberühmtes erstes Institut für Sexualwissenschaft in Berlin, das 1919 eröffnet worden war, wurde von den Nazis geplündert und geschlossen, die bedeutendsten Sexologen wurden als Juden verfolgt und flüchteten ins Exil. Nur Albert Moll blieb in Berlin, verlor seine ärztliche Approbation und entkam seinem Abtransport in ein Vernichtungslager nur durch seinen natürlichen Tod im Jahre 1939. Diese erste blühende, vielversprechende Phase der Sexualwissenschaft war zuende.5

Die Entwicklung seit dem II. Weltkrieg

Immerhin blieb ein Vermächtnis aus dieser Zeit - das „Sexuologische Institut" an der Karls-Universität in Prag. Schon 1921 war dort der Dermatologe Prof. Pecirka - nach einer Schulung bei Hirschfeld in Berlin - beauftragt worden, ein sexologisches Institut zu errichten, sozusagen als eine ‘natürliche Tochter’ der Berliner Einrichtung. Sein plötzlicher Tod aber verhinderte dies, und so gelang es erst seinem Nachfolger Prof. Josef Hynie, der sich 1929 und 1930 ebenfalls an Hirschfelds Institut ausbilden ließ. Es hätte also der Humboldt-Universität wohl angestanden, beim Gedanken an eine Neugründung nun einmal umgekehrt das seit langem erfolgreich arbeitende Prager Institut mindestens zu konsultieren. Leider aber wurde bisher nicht nur dies, sondern auch alles andere bewußt und absichtlich versäumt, was eine internationale Begutachtung hätte bedeuten können.

Dabei muß heute jede neue Initiative in dieser Richtung die internationale Situation der Sexualwissenschaft zur Kenntnis nehmen, wenn sie sich nicht selbst zur Bedeutungslosigkeit verurteilen will. Die sexologische Welt außerhalb Deutschlands ist ja seit 1933 nicht stehengeblieben, sondern hat sich mit Instituten, Programmen, Organisationen, Kongressen und Zeitschriften erheblich weiterentwickelt. Im Ausland gibt es bisher zwei Universitäten, an denen man in Sexualwissenschaft promovieren kann (USA und Belgien). An bisher vier und demnächst elf französischen Universitäten wird der Grad eines Diplom-Sexologen verliehen. In Polen und in der Tschechischen Republik gibt es die Fachausbildung und Fachbezeichnung „Sexualmediziner", und auch in Deutschland bemüht man sich darum. An mehreren amerikanischen und kanadischen Universitäten ist Sexualwissenschaft Nebenfach für Pädagogen, Psychologen und Sozialarbeiter. Einige Hochschulen für Öffentliche Gesundheit bieten sexologische Kurse im Rahmen ihres Curriculums an. In Frankreich hat sich ein sexualmedizinischer Interessenverband (Syndicat national des médecins sexologues) formiert, der plant, sich europaweit auszudehnen. Kurz, es gibt längst sexualwissenschaftliche Lehrpläne, Lehrbücher, Prüfungsordnungen und professionelle Standards sowie neuerdings verstärkte Bestrebungen, diese international auszugleichen. Wir können es uns daher in Berlin nicht länger leisten, gleichsam „im luftleeren Raum" vor uns hin zu diskutieren. Vielmehr gilt es, zunächst einmal den zum Ausland bestehenden, stetig wachsenden Abstand aufzuholen.

Dieser Abstand wurde schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg sichtbar, als der Amerikaner Alfred C. Kinsey 1947 sein „Institute for Sex Research" an der Indiana University in Bloomington gründete und ein Jahr darauf den ersten seiner berühmten „Reports" vorlegte. Bemerkenswert war dies Institut unter anderem dadurch, daß es von vornherein eine große Bibliothek und Sammlung plante, und daß es noch zu Kinseys Lebzeiten einen fast lückenlosen Bestand deutscher sexologischer Literatur erreichte. Und das, obwohl weder Kinsey noch seine wissenschaftlichen Mitarbeiter der deutschen Sprache mächtig waren! Ich selbst war 1981 dort der erste Institutsmitarbeiter, der die inzwischen sehr seltenen Schriften lesen konnte. Kinsey wußte aber, daß er sich mit seiner Arbeit in eine internationale Tradition stellte, deren wichtigste Wurzel in Deutschland lag. Ihm ging es darum, eine wirklich interdisziplinäre Einrichtung zu schaffen, die Interessierten aus allen Ländern und allen Fachrichtungen offenstand. Deshalb bemühte er sich auch sehr um die Sammlung von erotischen Kunstgegenständen, Photographien, Filmen, Drehbüchern, Tagebüchern und Artefakten und lud nicht nur Soziologen und Ethnologen, sondern auch Kunst- und Literaturhistoriker zur Forschung ein.

Diese Seite des Kinsey-Instituts ist in Europa wenig bekannt, da die eigentlichen großen Pläne seines Gründers durch die politisch motivierte Streichung seiner Forschungsgelder und seinen frühen Tod nicht mehr ausgeführt werden konnten. Dennoch, und wenn es auch kaum genutzt wird, bis heute gibt es bei uns an keiner Universität ein vergleichbares Archiv. Es beweist mehr als alles andere, daß es Kinsey ernst war mit der Sexualwissenschaft. Was es über Deutschland beweist, das nichts Derartiges besitzt und in Berlin noch nicht einmal in Erwägung zieht, ist eine andere Frage.

Das Kinsey-Institut besitzt auch ein internationales wissenschaftliches Beratergremium, das sich jährlich mindestens einmal vor Ort trifft und die Direktion bei ihren Forschungsprojekten berät. Natürlich ist ein solches Gremium für ein Institut dieses Anspruchs im Grunde eine Selbstverständlichkeit, aber typischerweise ist auch diese Selbstverständlichkeit in der Berliner Diskussion bisher nicht aufgetaucht.

Weltkongresse

Die USA profitierten aber noch in anderer Weise von der deutschen Tradition. Der vor den Nazis aus Berlin geflohene und seither in New York lebende Gynäkologe Hans Lehfeldt gründete 1957 mit anderen die „Society for the Scientific Study of Sex", die bis heute die besten sexologischen Zeitschriften herausgibt - das „Journal of Sex Research" und die „Annual Review of Sex Research". Lehfeldt war es auch, der 1974 eine Initiative ergriff, die zum ersten „Weltkongreß der Sexologie" in Paris führte. Diese Kongresse haben sich dann in anderen Ländern fortgesetzt: Montréal 1976, Rom 1978, Mexico Stadt 1979, Jerusalem 1981, Washington, D.C. 1983, Neu-Delhi 1985, Heidelberg 1987, Caracas 1989, Amsterdam 1991. Die nächsten Weltkongresse finden 1993 in Rio de Janeiro und 1995 in Yokohama statt.

Diese Weltkongresse bieten also seit fast zwei Jahrzehnten ein Forum für Sexologen aus vielen Ländern, und dabei spielt der Dialog mit den sexologischen ,Entwicklungsländern‘ Lateinamerikas und Asiens eine besondere Rolle. Es war ebenso bezeichnend wie beschämend, daß der Kongress 1983 nicht nach Berlin gebracht werden konnte, sondern 1987 in Heidelberg stattfinden mußte, der einzigen deutschen Stadt, die dazu bereit war. Dort gab es immerhin jährliche sexualmedizinische Fortbildungstage, in Berlin gab es für Sexologen gar nichts. Dabei war 1983 eine Art dreifaches Jubiläum der Sexualwissenschaft: 75 Jahre vorher hatte Hirschfeld in Berlin die erste „Zeitschrift für Sexualwissenschaft" herausgegeben (1908), 70 Jahre vorher hatte er hier mit anderen die erste „Gesellschaft für Sexualwissenschaft" gegründet (1913), und 50 Jahre vorher war sein Berliner Institut von den Nazis geplündert worden (1933).

Immerhin hatten deutsche und österreichische Behörden mir eine Ausstellung von 50 Schautafeln zum Thema „Anfänge der Sexualwissenschaft in Berlin" finanziert, die ich 1983 beim Weltkongress in Washington, D.C. zeigen konnte, und der damalige Wissenschaftssenator Kewenig bezahlte eine Begleitbroschüre als Geschenk der Stadt Berlin an die Kongressteilnehmer. Es war und blieb aber unmöglich, die Ausstellung anschließend nach Berlin zu bringen, trotz redlicher Bemühungen von Politikern der CDU (Hassemer) und SPD (Momper). Sie wurde stattdessen in Hamburg, Kiel, Oldenburg, Marburg, Kopenhagen, Stockholm, Göteborg, Zürich, Hongkong und Shanghai gezeigt. Zur Zeit lagert sie noch in China. Es gibt aber schon weitere Anfragen aus Japan und Ungarn.

Diese Episode verdient vor allem deshalb Erwähnung, weil sie bis heute typisch für die Art und Weise geblieben ist, wie Berlin mit seiner sexologischen Vergangenheit umgeht - dafür ist der Ausdruck „Provinzialismus" noch geschmeichelt. Glücklicherweise liegen die Ergebnisse der verschiedenen sexologischen Weltkongresse in jeweils eigenen Publikationen vor, so daß Interessierte durchaus in der Lage sind, sich ein Bild von der internationalen Situation zu machen. Dies Bild ist nicht nur erfreulich, denn es zeigt auch die Lücken und Schwächen der heutigen Sexualwissenschaft. Gerade sie sollten jedoch in Berlin als Ansporn dienen. Aber auch daraus wird leider nichts: Keine Berliner Bibliothek hat einen kompletten Satz dieser Kongressbände.

Weltweite Organisationen

Beim sexologischen Weltkongress in Rom 1978 wurde eine „World Association for Sexology" (WAS) gegründet, die von diesem Datum an die Ausrichtung der weiteren Kongresse übernahm. Mitglieder sind über 40 Institutionen und Organisationen aus den USA, Kanada, Lateinamerika, Australien, Asien und Europa. Die WAS hatte von Zeit zu Zeit verschiedene große Pläne, wie etwa die Publikation eines Newsletters, eines fachterminologischen Wörterbuchs oder gar eines eigenen Diagnosehandbuchs für sexuelle Störungen. Diese und andere Projekte scheiterten aber bisher am chronischen Geldmangel und an den unterschiedlichen Interessen und Qualifikationen der jeweiligen Ausschußmitglieder. So blieb es bis heute bei der zweijährigen Kongreßorganisation. Dennoch, das Potential für andere weltumspannende Aktionen ist bei der WAS nach wie vor gegeben. Es müßte sich nur ein qualifizierter Initiator an die Spitze setzen. Eine Aufgabe für ein künftiges Berliner Institut?

Sehr wichtig wurde im Laufe der Jahre auch die schon 1971 gegründete „International Academy of Sex Research", die eine eigene Zeitschrift herausgibt (Archives of Sexual Behavior) und sich jährlich trifft, und zwar abwechselnd zu beiden Seiten des Atlantik. Diese Akademie hat an die 200 Mitglieder aus den USA, Europa und Asien, die sich in der Sexologie fachlich ausgezeichnet haben. Auch diese eminente Gruppe ist typischerweise in Berlin bisher nicht in die Diskussion einbezogen worden. Immerhin nahmen ihre bedeutendsten Vertreter an unserer III. Internationalen Berliner Konferenz für Sexualwissenschaft teil, die 1990 in der Charité und im Reichstag stattfand, und sie beobachten daher die hiesige Entwicklung mit großem Interesse 6. Ein ehemaliger Akademiepräsident, der Deutsch-Amerikaner Heino F.L. Meyer-Bahlburg, hat inzwischen die Vorschläge eines Memorandums scharf kritisiert, das vom damaligen Rektor der Humboldt- Universität favorisiert worden war: Sie seien zu „engstirnig" (narrow-minded), ideologisch einseitig und vor allem zu wenig praxisorientiert 7.

Internationale Verbände

In jüngster Zeit sind zu diesen global operierenden Organisationen noch drei große regionale Verbände getreten, die sich jeweils auf Lateinamerika, Europa und Asien beschränken.

Montevideo ist der Sitz eines Verbandes lateinamerikanischer sexologischer Gesellschaften, der „Federacion Latinoamericana de Sociedades de Sexologia y Educacion Sexual" (FLASSES). In der Tat gibt es von Argentinien bis Mexico eine erstaunliche Anzahl solcher Gesellschaften, die, mit Ausnahme Brasiliens, durch eine gemeinsame Sprache verbunden sind. Auch zu Spanien und Portugal bestehen ,natürliche‘ Verbindungen, und so ist in Zukunft leicht eine Zusammenarbeit mit Europa vorstellbar.

Dies umso mehr, als sich inzwischen auch eine „Europäische Föderation der Sexologie" (EFS) formiert hat, die im September 1992 ihren ersten Kongress in Italien abhielt. Weitere Kongresse sind für 1994 in Kopenhagen und 1996 in Marseille geplant. An Berlin gehen alle diese Unternehmungen natürlich vorbei, denn hier gibt es ja bis heute keine offiziell etablierte Sexualwissenschaft. Die EFS hat über 60 Mitgliedsgesellschaften und -institute in allen europäischen Ländern. Die sexualmedizinisch Interessierten unter ihnen finden nun auch eine zweisprachig (französisch-englisch) erscheinende ‘offizielle’ eigene Zeitschrift vor, die in Marseille erscheint - „Sexologies: Revue européenne de la sexologie médicale". Sitz der EFS ist Genf, wo die sexologische Einheit in der medizinischen Fakultät der Universität zur Finanzierung der Verwaltungsarbeit auf eine sexologische Stiftung zurückgreifen kann.

In Hongkong wurde 1990 die „Erste Internationale Konferenz über Sexualität in Asien" veranstaltet und bei dieser Gelegenheit eine „Asian Federation for Sexology" gegründet. Ihr gehören sexologische Gesellschaften und Institutionen aus bisher acht asiatischen Ländern an. Eine zweite Konferenz fand 1992 in Shanghai statt, und die nächste ist für 1994 in Indien geplant. Die Sexologie kann gerade in Asien künftig ein schnelles Wachstum erwarten, da die sexuellen Probleme wegen des dort sinkenden Pubertäts- und steigenden Heiratsalters sowie Übervölkerung zunehmen, von sexuell übertragbaren Krankheiten (einschließlich AIDS) ganz zu schweigen. Das Interesse der asiatischen, besonders der japanischen und chinesischen Kollegen ist enorm, wovon ich mich bei meinem kürzlichen zweiten Besuch in China überzeugen konnte. Dort hatte ich auch die glückliche Gelegenheit, an der ersten großen Sexualumfrage mitzuwirken, die 20.000 Frauen und Männer aus allen Regionen Chinas einbezog. Vor allem wurde ich immer wieder auf die alte Verbindung Hirschfelds mit China angesprochen, der 1931 an allen chinesischen Nationaluniversitäten Vorträge gehalten hatte und dessen letzter Schüler und persönlicher Erbe ein Chinese war. Zwar weigerte dieser sich am Ende, das Erbe anzutreten, aber die hiesige Universität, an der Hirschfeld 1892 promovierte, hat kein moralisches Recht dazu, nun auch noch sein geistiges Erbe auszuschlagen. In China jedenfalls und auch in Japan und Indien, wo Hirschfeld seine sexologische Saat ausstreute, ist diese inzwischen aufgegangen. Ja, mein chinesischer Kollege und Freund, Prof. Liu Dalin, Direktor eines neuen sexologischen Instituts in Shanghai und Hauptautor unserer Umfrage, war schon zweimal bei unseren Kongressen in der Charité und suchte vergeblich nach Anzeichen eines sexologischen Wiederaufbaus in unserer Stadt.

Internationale Forschung

Es ist begreiflich, daß die Bedrohung durch AIDS zu Versuchen geführt hat, die internationale Sexualforschung zu koordinieren oder doch wenigstens in ihren bisherigen Resultaten zu erfassen. Der in Deutschland bekannteste dieser Versuche ist vielleicht die „European Community Concerted Action on Sexual Behavior and Risks of HIV Infection" mit Sitz in Brüssel. Hier versucht man mit Hilfe von Konferenzen und Workshops mit Teilnehmern aus den EG-Ländern ein Gesamtbild vom europäischen Sexualverhalten zu gewinnen, ein Vorhaben, das sich als äußerst schwierig erwiesen hat wegen der unterschiedlichen Methoden der bisherigen Forschungsprojekte.

Eine wichtige Vorarbeit zu späteren Analysen wird auch vom Fachgebiet „Psychosoziale Forschung" beim AIDS-Zentrum des Bundesgesundheitsamtes geleistet, das inzwischen ein europäisches Verzeichnis aller aktuellen AIDS-relevanten Projekte zur Verhaltensforschung vorgelegt hat 8.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat weltweit einen „Partner Relations Survey" gefördert, der mit einem Standardfragebogen (nach Geschlechtern getrennt) das Sexualverhalten erfassen und so vergleichbar machen soll. Bisher ist dieses Projekt aber erst in einigen Ländern durchgeführt worden, und das Gesamtergebnis ist noch nicht bekannt.

Natürlich haben auch einzelne sexologische Institute von sich aus internationale Partner für einzelne Projekte gesucht. So hat etwa das Kinsey-Institut mit Ärzten in Kopenhagen zusammengearbeitet und internationale Symposien zu bestimmten Themen organisiert. Das Niederländische Institut für Sozialsexologische Forschung (NISSO) in Utrecht hat ebenfalls schon mit Deutschen und Amerikanern gemeinsame Arbeiten durchgeführt. Die sexualmedizinischen Kliniken in Utrecht und Düsseldorf haben lange kooperiert, und Sexualmediziner in Genf arbeiten seit Jahren sehr intensiv mit Kollegen in Frankreich und Italien zusammen. Kurz gesagt: spontan und sporadisch haben sich über Länder- grenzen vielfältige Verbindungen hergestellt, die auf ihren systematischen Ausbau warten. Daß ausgerechnet Berlin weiterhin in diesem Konzert fehlen soll, ist nicht einzusehen.

Ausbildungsmöglichkeiten

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) organisierte 1974, also m Jahre des ersten sexologischen Weltkongresses, in Genf eine Fachkonferenz zum Thema „Sexologische Aus- und Fortbildung". Es nahmen daran 29 Fachleute aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, der Tschechoslowakei, Indien, Italien, Jugoslawien, Columbien und der Schweiz teil. Eine deutsche Beteiligung gab es typischerweise nicht. Als Ergebnis der Beratungen wurden im folgenden Jahr eine Reihe von Forderungen publiziert, von denen die wichtigste lautet:

„Je nach örtlichen Gegebenheiten sollte Sexualwissenschaft gefördert und ermutigt werden, sich im Unterricht und in der Ausbildung der Heilberufe zu einer eigenständigen Disziplin zu entwickeln und zu einem anerkannten Zweig des allgemeinen Gesundheitswesens zu werden." 9

Auch diese Forderung wurde bisher - man möchte fast sagen „natürlich" - in der Berliner Diskussion vollständig ignoriert. Im Gegenteil, das schon erwähnte, mit Hilfe des früheren Rektors dieser Universität als einziges öffentlich lancierte Memorandum betont, daß es für die Sexualwissenschaft einen „eigenen, grundständigen Studiengang und -abschluß" nicht anstrebt.10

Einige ausländische Universitäten waren aber weniger kleinmütig und haben längst den von der WHO empfohlenen Weg beschritten. So besteht etwa an der Katholischen Universität Leuven (Belgien) seit Jahren die Möglichkeit, in dem Fach „Familien- und Sexualwissenschaften" zu promovieren. Zwar ist dies Promotionsprogramm stark medizinisch ausgerichtet, da man einen ursprünglich verfolgten breiteren Ansatz aus finanziellen und anderen Gründen aufgeben mußte, aber theoretisch bleiben sich die Leuvener Kollegen des zu erstrebenden Instituts-Ideals durchaus bewußt. Dies Ideal bindet auch betont nichtmedizinische Wissenschaften ein.

Dies ist auch dem Begründer und Leiter eines polnischen Programms zur sexualmedizinischen Fachausbildung klar, der betont, „daß die Einstufung der Sexuologie in eine engspezialisierte ärztliche Disziplin nicht richtig ist" 11. Dementsprechend wird selbst bei diesem Programm psychologisches, soziologisches, pädagogisches und juristisches Wissen vermittelt. Hinzu kommen noch Kurse aus dem Bereich der Biologie, Biochemie, Genetik, Kulturanthropologie, Religionswissenschaft und Philosophie. Auch von diesem seit Jahren erfolgreichen Programm wurde in Berlin bisher keinerlei Kenntnis genommen. Was in Prag oder Warschau geschieht, wurde einfach übersehen. So verschenkte man leichtfertig eines der stärksten Argumente für ein neues Berliner Institut - nämlich, wie früher, Verbindung und Vermittlung zwischen West und Ost zu sein.

Das polnische Beispiel zeigt aber auch, daß der Vorschlag der WHO für ein eigenes Fachgebiet Sexologie, der eigentlich nur für Gesundheitsberufe im engeren Sinne gemeint war, extensiv ausgelegt werden kann und sollte. Wenn selbst Sexualmediziner die Notwendigkeit spüren, rein geisteswissenschaftliche Fächer zum Verständnis ihres Gegenstandes heranzuziehen, so wird wohl klar, daß auch die wissenschaftliche Konzentrierung auf kranke Sexualität nicht genügt, sondern daß sie insgesamt in allen ihren Facetten studiert werden muß. Und dies wiederum geschieht am besten, wenn die Sexologie, auch über den Gesundheitsaspekt hinaus, als eigenes Fach betrieben wird.

Inzwischen ist es auch tatsächlich in den USA gelungen, sich völlig aus dem engen medizinischen Korsett zu befreien und eine besondere sexologische Hochschule zu etablieren - das Institute for Advanced Study of Human Sexuality in San Francisco. Diese wirklich interdisziplinäre Einrichtung hat zwar in seinem Lehrkörper von Anfang an Ärzte und Psychiater gehabt und auch sexualmedizinische Fortbildungskurse durchgeführt, aber damit erschöpfte sich das Angebot keineswegs. Der akademische Leiter, Wardell B. Pomeroy, war als Psychologe der engste Mitarbeiter Alfred C. Kinseys gewesen. Andere Professoren waren ebenfalls Psychologen, Pädagogen, Historiker und sogar Theologen. Das Institut beschäftigte aber auch zahlreiche Gastdozenten von der Sexualpädagogin Mary Calderone und der Therapeutin Lonnie Barbach sowie ihren Kollegen William Masters, Albert Ellis und Bernie Zilbergeld, bis zu den Soziologen John Gagnon und William Simon, von den Forscherinnen Anke Ehrhardt, Sandra Bem und Pepper Schwartz bis zu Künstlerinnen wie Betty Dodson und Dichtern und Schriftstellern wie Allen Ginsberg und Gore Vidal.

Dieses sehr breit gefächerte akademische Angebot ermöglichte es Studenten, je nach Vorbildung und Interessen, sehr verschiedene Dissertationsprojekte zu verfolgen, von der Wirkung des Amylnitrit auf den Orgasmus und dem Vergleich individuellen sexuellen Erlebens vor und nach einem Herzinfarkt oder nach einer Mastektomie bis hin zum Sexualverhalten von Alkoholikern, männlich Sex-Surrogatpartnern, Sadomasochisten, schwulen katholischen Priestern, Transsexuellen, blinden Diabetikern, Patienten mit multipler Sklerose und solchen mit AIDS. Es gab Magister- und Doktorarbeiten über bisexuelle Frauen und Männer, über erotische Phantasien, die Paarbindung schwarzer Lesbierinnen, das Verhältnis von Sexualität, Religion und Macht und schließlich jüdische Traditionen in ihrer Bedeutung für heutige Sexualtherapie.

Die Hochschule selbst sowie ihre akademischen Grade sind staatlich anerkannt. Ihre verschiedenen Studiengänge und Prüfungsordnungen sind seit Jahren öffentlich zugänglich und beim kalifornischen Erziehungsministerium festgeschrieben. Die Studentinnen und Studenten kommen aus allen Staaten der USA und von Übersee. Die allermeisten machen allerdings ein Zweitstudium, d.h. sie haben schon vor ihrer Immatrikulation ein Studium oder eine Fachausbildung abgeschlossen. Sie sind Ärzte und Ärztinnen, Studentenpfarrer, Rechtsanwältinnen, Psychologen, Pädagoginnen, Sozialarbeiter, Pharmakologinnen oder Krankenpfleger. Ihre akademische Zusatzausbildung in der Sexologie bedeutet für viele von ihnen nicht nur größere Kompetenz und Selbstsicherheit, sondern oft auch Prestige und verbessertes Einkommen.

Im Sommer 1983, sieben Jahre nach Gründung dieser ersten sexologischen Hochschule entschloß sich die größte Fachgesellschaft der USA, die Society for the Scientific Study of Sex (SSSS), ein Akkreditierungsmodell für sexologische Universitätsprogramme zu entwickeln. An diesem Modell wirkte außer Wardell B. Pomeroy auch sein früherer Kollege Paul Gebhard mit, der als Kinseys Nachfolger Direktor von dessen Institut geworden war. Der Text geht sehr detailliert auf alle Aspekte universitärer Ausbildung ein, von „Undergraduate Programs" bis zu Programmen, die zum Magister- und Doktorgrad führen. Für alle sind verbindliche Lehrpläne festgeschrieben, die natur- und sozialwissenschaftliche Inhalte kombinieren. Wer sich also darüber informieren will, was die führenden amerikanischen Sexualwissenschaftler zur Ausgestaltung eines Universitätsfachs „Sexualwissenschaft" vorschlagen, braucht nur zu diesem Modell zu greifen 12. Aber auch dies fiel in Berlin bisher niemandem ein.

Eine Ausbildungsmöglichkeit besteht auch in Kanada und zwar an der Universität von Québec in Montréal. Dort wurde 1975 eine sexualwissenschaftliche Abteilung geschaffen, zunächst, um Sexualpädagogen auszubilden, die nach erfolgreicher Absolvierung eines sexologischen Curriculums mit dem Grad des B. Sc. (Bachelor of Science in Sexology) abschließen konnten. Inzwischen wurde auch der sexologischer Magistergrad eingeführt. Die Abteilung gibt außerdem eine bibliographische Zeitschrift in französischer Sprache über sexualwissenschaftliche Themen heraus unter dem Namen „BIBLIOSEX".

Auch zwei amerikanische Universitäten bieten „Human Sexuality Studies" als Fach für Pädagogen an - die New York University und die University of Pennsylvania in Philadelphia, wo nicht nur der Grad eines Magisters, sondern auch ein Doktorgrad in Sexualerziehung verliehen wird. Die University of Hawaii führt seit über 20 Jahren eine sexologische Ausbildung für Sozialarbeiter durch. An der University of Minnesota in Minneapolis werden sexologische Kurse im Rahmen der „School of Public Health" angeboten. Mittlerweile sind noch mehrere andere amerikanische Universitäten mit verschiedenen sexologischen Ausbildungsprogrammen hinzugekommen.

In Caracas, Venezuela, besteht für Mediziner die Möglichkeit, einen Magistergrad in Sexualmedizin zu erwerben, ebenso in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik. In Madrid bietet ein privates Institut den sexologischen Magistergrad auch für Nichtmediziner an, allerdings bisher ohne staatliche Anerkennung. Die Qualität der dortigen Ausbildung läßt aber über kurz oder lang eine positive Entscheidung erwarten.

Eine neuere, sehr interessante Entwicklung vollzieht sich in Frankreich: Mehrere Universitäten haben sich zu einer „Association Inter-Universitaire de Sexologie" (AIHUS) zusammengeschlossen, die in einem dreijährigen Programm Mediziner zu einem interuniversitären Diplom in Sexologie führt (für Nichtmediziner ohne Therapieabsichten gibt es ein zweijähriges Programm). Bisher sind die Universitäten von Marseille, Paris-Bobigny, Toulouse und Bordeaux beteiligt. In diesem Jahr werden sieben weitere, nordfranzösische Universitäten folgen, die, mit Nantes als Zentrum, ein eigenes Programm dieser Art etablieren wollen. Das Neue an diesem Konzept ist vor allem der regelmäßige Austausch, bei dem die Studenten innerhalb des Verbundes gemeinsame Veranstaltungen besuchen und die Professoren mit Gastvorlesungen und -seminaren den Lehrstoff ringsum abdecken.

Fortbildung

Einige der bisher erwähnten Hochschulen bieten auch gelegentlich oder regelmäßig sexologische Fortbildungskurse für interessierte Mediziner, Psychologen, Pädagogen oder andere Fachleute an. Eine kanadische Universität (University of Guelph, Ontario) veranstaltet seit 15 Jahren eine große jährliche Fortbildungskonferenz mit Teilnehmern aus ganz Nordamerika und anderen Ländern. Über all diese vielfältigen Aktivitäten gibt es aber bisher keine systematische Auskunft. Das gilt auch für Fortbildungskurse der verschiedenen sexologischen Organisationen. Erst jetzt werden die ersten Anstrengungen gemacht, einen internationalen Überblick zu gewinnen. Ich selbst hoffe, bis zum Sommer erste Ergebnisse einer weltweiten Umfrage vorlegen zu können.

Für Deutschland sind sicherlich die jährlichen „Fortbildungstage für praktische Sexualmedizin" in Heidelberg am wichtigsten, die seit 1976 stattfinden. Fünf Jahre später, 1981, wurde dann auch eine „Gesellschaft für praktische Sexualmedizin" gegründet, die mit den Heidelberger Tagen eng verbunden ist. Neben der Fortbildung selbst haben sie aber noch etwas anderes, sehr nützliches geleistet, nämlich die regelmäßige Publikation der Tagungsbeiträge. So ist inzwischen eine kleine, an der Praxis orientierte Bibliothek der Sexualmedizin entstanden, die im internationalen Vergleich einzig dasteht. Auch diese wichtige Seite der Sexologie ist bisher bei der Diskussion an der Humboldt-Universität vollständig vernachlässigt worden. Dies ist besonders töricht, weil, wie gesagt, unsere Nachbarländer Polen, Tschechische Republik und Frankreich schon die Fachausbildung und -bezeichnung „Sexualmediziner" kennen und auch Deutschland sich energisch auf dieses Ziel zubewegt. In Belgien, Dänemark, den Niederlanden und der Schweiz gibt es sexualmedizinische Zentren oder Universitätsabteilungen. Da der europäische Binnenmarkt auch die berufliche Freizügigkeit bringt, wird auch auf diesem Gebiet eine professionelle Angleichung und eine Vereinheitlichung der Curricula und Standards unausweichlich. Es ist nicht einzusehen, daß ausgerechnet Berlin dabei nur eine passive Zuschauerrolle spielen und sich mit anderswo bestimmten Regeln abfinden soll.

Die künftige Rolle eines Berliner Instituts

Eine wiedererweckte Sexualwissenschaft in Berlin muß sich zunächst vor allem an ihr eigenes, so lange ausgeschlagenes Erbe erinnern. Sollte sie tatsächlich an der Humboldt-Universität ihr neues Leben beginnen, so würde es ihr besonders gut anstehen, sich des Ansatzes bewußt zu bleiben, den Wilhelm von Humboldt in seinem eingangs erwähnten Entwurf von 1826-27 gewählt hatte. Seine „Geschichte der Abhängigkeit im Menschengeschlechte" sollte am Beispiel der für Frauen und Männer verschiedenen Abhängigkeitsgrade, der relativen weiblichen Unfreiheit und der relativen männlichen Freiheit, die Prostitution und das Sexualleben überhaupt untersuchen und historisch erklären. Humboldt verfolgte also als einer der ersten schon „die Spur der Macht im Verhältnis der Geschlechter" 13.

Gerade diese Zielrichtung war es, die Iwan Bloch später als grundlegend für die Sexualwissenschaft erschien. Die Sexualwissenschaft im Sinne Humboldts, Blochs und auch Hirschfelds war also prinzipiell und essentiell ein Studium der Geschlechtsverhältnisse auf der Basis der Geschlechterverhältnisse. Der Bestandteil „Sexual-" im Namen der neuen Sexualwissenschaft wies also auf beides hin: Geschlecht und Geschlechtlichkeit. Gerade deshalb war ja auch für Bloch wie für Humboldt die Prostitution die eigentliche Schlüsselfrage gewesen. Nicht nur verbanden sich hier „natürliche" mit „kulturellen" Aspekten, biologische mit soziologischen Fragestellungen, sondern hier zeigte sich, wie in einem Brennspiegel, auch die herkömmliche Unterdrückung und Ausbeutung des einen Geschlechts durch das andere. Diese ungerechte Ungleichheit wollte und sollte die Sexualwissenschaft erhellen, als rückständig entlarven und somit beenden. Wie Bloch selber schrieb:

„... mit der organisierten Frauenbewegung, die es in dieser Art niemals vorher in der Menschheitsgeschichte gegeben hat, beginnt eine neue Epoche in der Geschichte der Prostitution, weil erst jetzt das allein wirksame und aussichtsreiche Prinzip der Selbsthilfe und Selbsterlösung sich verwirklichen kann, das bis dahin ... wegen der Recht- und Machtlosigkeit der Frau völlig gefehlt hat." 14

Mit anderen Worten: die traditionelle Rolle der Frau beginnt sich zu wandeln, die fundamentale sexuelle „Abhängigkeit im Menschengeschlechte" beginnt sich zu lockern, und gerade das Studium dieses historischen Prozesses liefert die Mittel, ihn noch zu beschleunigen. Wie Bloch weiter ausführt, ist die Prostitution nur zu überwinden, indem man an ihrer Geschichte ihr Wesen begreift. Dann aber erkennt man ihren eigentlich „unmodernen" Charakter, ihre organisatorischen Wurzeln in der Antike, ihre ethische Verankerung in der Moral von Sklavenstaaten. Diese Einsicht wiederum erleichtert die sexuelle Selbstbestimmung der Frau und schafft eine neue Ethik auf der Grundlage sexueller Gleichberechtigung.

Ist die bisherige sexuelle Abhängigkeit aber erst einmal als historisch vermittelt erkannt, so wird sie damit auch überwindbar. Dies aber heißt, daß nicht nur die Prostitution, sondern auch die bisher unbefragten Geschlechtsrollen und Familienstrukturen zum Gegenstand historischer Forschung werden müssen, und damit bewegt sich die Sexualwissenschaft in eine ideologiekritische Richtung. Ihr Interesse gilt nicht mehr allein den Daten, sondern zunehmend den Fakten, nicht neutralen Gegebenheiten, sondern Tatsachen, d.h. Dingen oder Geschehnissen, die die Spuren menschlicher Tat, menschlichen Wollens, Vollbringens und Scheiterns an sich tragen. Was man vorher als „natürlich" gegebene überzeitliche Norm (Datum) einfach hingenommen hatte, wird nun als Menschenwerk (Faktum) erkennbar, das eben gewisse historische Wertungen in sich aufbewahrt. Wie der Literaturwissenschaftler allmählich die Kunstgesetze und Regeln ihres jenseitigen Charakters entkleidete, wie der Jurist das Naturrecht auf positives Recht zurückführte, wie der Ökonom den Besitzverhältnissen ihre göttliche Legitimation entzog, so mußte auch der Sexologe endlich den gesamten ideologischen Überbau des biologischen Geschlechtsunterschiedes in Frage stellen. Da diese Kritik sich aber ihrerseits auch nicht auf überhistorische Normen berufen kann, sieht sie sich unausweichlich in der konkreten historischen Situation verankert.

Die historisch unvermeidliche Auflösung der traditionellen sexuellen Normen ist auch der eigentliche Grund für die Unbestimmbarkeit der Sexualität als Forschungsgebiet. Wie die moderne Kultur das Sexuelle als Problem erst wahrnehmbar macht, so entzieht sie ihm gleichzeitig auch die faktische Grundlage, in der es ursprünglich verankert war. In dem Grade, wie die sexuelle Selbstbestimmung des Individuums unabhängig von seinem Geschlecht denkbar wird, schwinden die überkommenen Zwänge. Nicht nur die Geschlechtsrollen ändern sich, sondern damit auch das Selbstverständnis und das gegenseitige Erleben der Geschlechter. Das allgemeine stillschweigende Einverständnis darüber, was die Sexualität eigentlich sei, zerbricht gerade in dem historischen Augenblick, als die ersten kritischen Fragen möglich werden. Die Moderne problematisiert also das Sexuelle auf zweierlei Weise: Sie macht es einerseits zum Problem und verwischt andererseits seine Konturen. So bekommt das Sexuelle seinen modernen, changierenden, paradoxen Charakter. Es ist ebenso augenfällig wie schlecht zu fassen - je greifbarer in seiner allgegenwärtigen Nähe, desto unbegreiflicher in seiner verschwimmenden Komplexität.

Aus dieser Situation entspringt, in ihr lebt die Sexualwissenschaft. Sie ist die vorläufige Antwort der modernen Kultur auf eine paradoxe Frage, die sie sich selber gestellt hat - die Frage nach einer objektiven, nichtideologischen Begründung sexueller Normen, Zwecke und Werte. Die Antwort ist vorläufig und muß es bleiben, da die Wissenschaft hier nur negativ vorgehen kann. Es ist eine eitle Hoffnung, Werte wertfrei begründen zu wollen. In der Ideologiekritik aber leistet die Sexologie schon ihr Bestes, auch wenn sie nur naturwissenschaftlich Daten herbeischleppt, die bestehende Dogmen unterminieren. Wo sie aber als Kulturwissenschaft den Fakten kritisch zu Leibe geht, kann sie wirkliche Freiräume schaffen, die beiden Geschlechtern die volle Entfaltung erlauben.

Dieser potentielle Freiraumgewinn garantiert natürlich noch nicht, daß er auch wirklich im Sinne der freien Entfaltung genutzt wird. Die Herrschaft trägt alle Masken und spielt alle Rollen, auch die der sexuellen Liebe, ja, sogar die der Wissenschaft. Immerhin, eine echte kritische Wissenschaft von der sexuellen Liebe kann, indem sie diese zwangsläufig entgöttlicht, den ‘Kampf der Geschlechter’ für beide Seiten humanisieren.

Ob die Wissenschaft diese edle Aufgabe in Wirklichkeit jemals meistern wird, ist eine unentschiedene Frage. Zweifel sind nach wie vor angebracht, wenn wir auch weiterhin hoffen. Wir mögen heute die Naivität Blochs belächeln, mit der er das Ende der Prostitution mit Hilfe einer wissenschaftlich gestärkten Frauenbewegung erhoffte. Wir mögen Hirschfelds Glauben beseufzen, die Wissenschaft werde Gerechtigkeit schaffen. Unsere Vorgänger überschätzten die Kraft des Geistes erheblich, und sie unterschätzten den Widerstand, den das Bestehende ihm entgegensetzt. Aber soviel bescheidener und realistischer unser Wissenschaftsverständnis auch geworden ist, wir sollten auf jeden Fall ihren Grundentwurf für die Sexualwissenschaft bewahren. Geschlechtsverhältnisse waren für sie Geschlechterverhältnisse, Geschlechtswissenschaft war Geschlechterwissenschaft. Ja, dieser Gedanke war für ihre ganze Unternehmung schlechthin konstitutierend.

Es verrät also eine bedauerliche Unkenntnis gerade der Berliner sexologischen Tradition, wenn hier heute unnötigerweise getrennt und von „Geschlechter- und Sexualforschung" geredet wird, so als ob dies verschiedene Dinge wären oder werden sollten. Damit wird der Sexualforschung eine fachliche Enge untergeschoben, die sie bei Bloch und Hirschfeld nicht hatte, und die auch bei Humboldt keineswegs angelegt war. Eine Sexualforschung, die, um vollständig zu sein, durch eine Geschlechterforschung ergänzt werden muß, ist keine, jedenfalls keine, die ihre eigenen Traditionen kennt. Eine Sexualwissenschaft, die ihren Berliner Namen verdient, muß wieder beides sein - Geschlechtswissenschaft und Geschlechterwissenschaft, wie sie es eben in dieser Stadt schon einmal war.

Es hat übrigens auch dem „Kinsey Institute for Sex Research" wenig genützt, ja eigentlich nur geschadet, daß es 1982 durch eine neue Direktorin umbenannt wurde in „Kinsey Institute for Research in Sex, Gender and Reproduction". Darin drückte sich für jeden Kenner ein Unverständnis für Kinseys eigene Konzeption aus, die alle diese und andere mögliche Zusätze von vornherein mit umfaßt hatte. Auch für ihn schloß der Begriff „sex research" selbstverständlich immer auch „gender research" und „reproductive research" ein. Der neue Institutsname bedeutet aber keine Verdeutlichung, keine einfache Explikation des von Kinsey Implizierten, sondern hatte nur zur Folge, daß der ursprünglich umfassende Begriff „sex research" nun als einer von drei gleichwertigen Begriffen eingeengt und abgewertet wurde. In der Tat hat das Institut seit seiner Namensänderung keineswegs den erhofften Aufschwung erlebt und ist im Gegenteil weit hinter seinen früheren Status zurückgefallen.

Die neuerdings modische, historisch blinde Einengung und Abwertung des Begriffes „Sexualforschung" hat eindeutig negative Folgen für das Selbstverständnis der Sexualwissenschaft und behindert die Anknüpfung an ihre eigene historische Leistung. Diese war, alles in allem, ein kritischer Versuch gewesen, gerichtet auf eine grundlegende Reform der gesellschaftlichen Verhältnisse. Sexualreform war das Ziel der Sexualwissenschaft, einer besonderen, gebündelten, rationalen Anstrengung von einem „zentralen Standpunkt aus", wie Bloch sich ausdrückte 15. Gegner wie Albert Moll wußten dies ganz genau, wenn sie spielverderberisch von „Sexualwissenschaften" sprachen. In diesem böswilligen Plural steckte ein gezielter Angriff auf das durch Humboldt inspirierte Konzept Blochs und Hirschfelds. Die Aufsplitterung in ein Spektrum von wissenschaftlichen Zuständigkeiten kommt einer Schwächung des eigentlichen Erkenntnisimpulses gleich. Das gleiche gilt für den Angriff, der heute von Propagandisten einer zuerst künstlich getrennten und dann unter einem neuen Joch wieder zusammengezwungenen „Geschlechter- und Sexualforschung" geführt wird. Dieses anscheinend doppelt kräftige, in Wahrheit aber geschwächte Gespann wird den Karren nicht aus dem Dreck ziehen können, den Nazismus und Stalinismus über der waren sexologischen Tradition angehäuft haben.

Eine neu erweckte Sexualwissenschaft in Berlin darf solche flüchtigen Zeitmoden nicht mitmachen, sondern muß sich auf ihre eigene, leider immer noch verschüttete Geschichte besinnen. Dazu gehört auch, daß hier die Sexualwissenschaft als eigenes, umfassendes Fach etabliert werden muß. Es sollte uns nicht gut genug sein, in der künftigen Bundeshauptstadt einen sexologischen „Alibilehrstuhl" zu schaffen, der nur unverbindliche Kurse für das Studium generale anbietet oder bestenfalls „Sitzscheine" für ein paar wohlwollende Nebenstudiengänge. Ebensowenig brauchen wir ein weiteres Forum für sozialpolitische Streitgespräche, das den Studentinnen und Studenten kein praktisch verwertbares Wissen vermittelt. Ja, man muß es klar und deutlich sagen: Wer nicht will, daß die Sexualwissenschaft in Berlin als Hauptfach und Nebenfach etabliert wird, der will keine Sexualwissenschaft in Berlin. Als unechter, rein dekorativer Schmuck am Universitätskörper ist sie hier überflüssig.

Das provinzielle Niveau der bisherigen Diskussion über ein neues Institut für Sexualwissenschaft in Berlin hat nun schon allzu lange eine aussichtsreiche akademische Weichenstellung verhindert. Es darf aber einfach nicht sein, daß man ausgerechnet in dieser Stadt die Entwicklung außerhalb unserer Grenzen nicht zur Kenntnis nimmt und wie in einem akademischen Posemuckel im gleichen unbedarften Geiste weiterwurstelt. Berlin muß aus historischen, geographischen und sachlichen Gründen wieder an die Spitze der internationalen sexologischen Entwicklung treten.

Anmerkungen

1 Iwan Bloch: Das Sexualleben unserer Zeit in seinen Beziehungen zur modernen Kultur. Berlin 1907

2 Wilhelm von Humboldt: „Geschichte der Abhängigkeit im Menschengeschlechte". In: Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Gesammelte Schriften, Bd. VII, Berlin 1908, S. 653-654

3 Mori Ogai: Vita sexualis, Tokio 1909 (engl. Übers. von K. Ninomiya und S. Goldstein, Rutland Vt. und Tokio 1972, S. 58)

4 Iwan Bloch: Die Prostitution, Bd. I, Berlin 1912

5 Siehe E.J. Haeberle: Anfänge der Sexualwissenschaft, Berlin 1983

6 Die Kongreßteilnehmer unterzeichneten spontan zwei Briefe „An den Berliner Senat" und „an die sexologischen Kollegen in Ost und West" von denen der letztere folgenden Wortlaut hatte (in deutscher Übersetzung): „Als Teilnehmer der Dritten Internationalen Berliner Konferenz für Sexualwissenschaft möchten wir den Organisatoren Prof. Günther Dörner und Prof. Erwin J. Haeberle unsere Wertschätzung aussprechen. Wir danken ihnen für die Gelegenheit, wissenschaftliche Information auszutauschen, unsere wissenschaftlichen Differenzen zu erörtern, alte Kontakte zu stärken und neue zu knüpfen und die Grundlage für einen verstärkten wissenschaftlichen Dialog zu schaffen. Berlin hat sich jetzt für unser Treffen als der perfekte Ort erwiesen." Unter den Unterzeichnern waren die folgenden Akademiemitglieder: Eli Coleman, Thore Langfeldt, Reinhard Wille, Herman Musaph, Martin S. Weinberg, Milton Diamond, John Gagnon, John Money, John De Cecco, Per Olof Lundberg, Richard C. Friedman, Theo Sandfort, Richard Green (Gründer der Akademie).Dörner und Haeberle sind die einzigen Berliner Akademiemitglieder.

7 Brief an Hartmut Bosinski in „Geschlechterverhältnisse. Sexualität", Mitteilungen aus der kulturwissenschaftlichen Forschung, Jhg. 15, Heft 31 (November 1992), S. 288-290

8 Angelika Hessling und Wolfgang Heckmann (Hrsg.): Inventory of Psycho- social and Behavioural AIDS/Drug Research Throughout Europe, AZ-Heft Nr. 13, Berlin 1993

9 WHO Technical Report Series 572: Education and Treatment in Human Sexuality - The Training of Health Professionals. Genf 1975, S. 25

10 Memorandum, in „Geschlechterverhältnisse. Sexualität", Mitteilungen aus der kulturwissenschaftlichen Forschung (s.o.) S. 252

11 Kasimierz Imielinski: „Sexuologische Ausbildung in Polen" in Sexualmedizin 14 (1984), S. 213-216

12 Society for the Scientific Study of Sex (SSSS): Model for a Manual on ccreditation 1983, Mount Vernon, IA 52314, USA

13 Siehe auch Günter Dux: Die Spur der Macht im Verhältnis der Geschlechter - Über den Ursprung der Ungleichheit zwischen Frau und Mann, Frankfurt/M. 1992

14 Iwan Bloch: Die Prostitution, Bd. I, Berlin 1912, S. XV

15 Iwan Bloch: Das Sexualleben unserer Zeit ... (s.o.), Vorwort






Erwin J. Haeberle

1936 in Dortmund geboren.

Studium in Köln, Freiburg Br., Glasgow, Ithaca N.Y. (Cornell University) und Heidelberg.

1966 Promotion in Heidelberg (Amerikanistik).

1966-1968 und 1970-1971 Research Fellow in American Studies, Yale Univesity.

1968-1969 und 1971-1972 Research Fellow in Japanese and Korean Studies, UC Berkeley.

1977 Promotion in San Francisco (Sexualwissenschaft) und Ernennung zum Full Professor am Institute for Advanced Study of Human Sexuality, San Francisco.

1982-1988 Adjunct Professor, San Francisco State University.

1983-1984 Gastprofessor, Medizinische Fakultät der Universität Kiel.

1984 (Sommersemester) "Distinguished Visiting Professor", San Francosco State University.

1984-1985 Gastprofessor, Medizinische Fakultät der Universität Genf.

1988 Leiter des Fachgebietes Information/Dokumentation im AIDS-Zentrum des Bundesgesundheitsamtes, Berlin.

1992 Gastprofessor für Sexualwissenschaft an der Humboldt-Universität.




Wichtigste Veröffentlichungen


Das szenische Werk Thronton Wilders, Heidelberg 1967

The Sex Atlas, New York 1978 (deutsch: Die Sexualität des Menschen, 2. Aufl. Berlin 1985)

Anfänge der Sexualwissenschaft, Berlin 1983

Sexualverhalten im modernen China: Report über eine landesweite Befragung von 20.000 Personen (mit Dalin Liu, Man Lun Ng und Li Ping Zhou, in chinesischer Sprache), Schanghai 1992

Zahlreiche Aufsätze zur Amerikanistik und Sexualwissenschaft in insgesamt zehn Sprachen.

Herausgeber und Mitherausgeber verschiedener sexualwissenschaftlicher Sammelbände.





In der Reihe Öffentliche Vorlesungen sind erschienen:

1 Volker Gerhardt

Zur philosophischen Tradition der Humboldt- Universität

2 Hasso Hofmann

Die versprochene Menschenwürde

3 Heinrich August Winkler

Von Hitler zu Weimar
Die Arbeiterbewegung und das Scheitern der ersten deutschen Demokratie

4 Michael Borgolte

„Totale Geschichte" des Mittelalters?
Das Beispiel der Stiftungen

5 Wilfried Nippel

Max Weber und die Althistorie seiner Zeit

6 Heinz Schilling

Am Anfang waren Luther, Loyola und Calvin - ein religionssoziologisch-entwicklungsgeschichtlicher Vergleich

7 Hartmut Harnisch

Adel und Großgrundbesitz im ostelbischen Preußen 1800 - 1914

8 Fritz Jost

Selbststeuerung des Justizsystems durch richterliche Ordnungen



Es erscheinen demnächst:


10 Herbert Schnädelbach

Hegels Lehre von der Wahrheit

11 Felix Herzog

Über die Grenzen der Wirksamkeit des Strafrechts

12 Hans-Peter Müller

Soziale Differenzierung und Individualität.
Georg Simmels Gesellschafts- und Zeitdiagnose

13 Thomas Raiser

Aufgaben der Rechtssoziologie als Zweig der Rechtswissenschaft

14 Ludolf Herbst

Der Marshallplan als Herrschaftsinstrument?
Überlegungen zur Struktur amerikanischer Nachkriegspolitik

15 Gert-Joachim Glaeßner

Demokratie nach dem Ende des Kommunismus

16 Arndt Sorge

Arbeit, Organisation und Arbeitsbeziehungen in Ostdeutschland

17 Achim Leube

Semnonen, Burgunden, Alamannen.
Archäologische Beiträge zur germanischen Frühgeschichte

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