Manfred Herzer

 

Debatte

Hirschfelds Utopie, Hirschfelds Religion
und das dritte Geschlecht der Romantik

 

Hier verfügbar gemacht mit Genehmigung des Autors.
Ursprünglich erschienen in: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft. Herausgegeben von der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Redaktion: Ralf Dose. Berlin, Nr. 28; Dezember 1998.

 

1. Der Einzige und sein Geschlecht

 

Für uns ist jeder Mensch eine einmalige Per­sön­lichkeit. Und diese Einstellung spiegelt sich auch im Design unserer Produkte wider. Eine Rodenstock Brille unter­streicht deshalb die Individualität des einzelnen, anstatt sie zu verstecken. (Werbeinserat in deutschen Tageszeitungen 1998)

 

In der Tat sind die Männlichkeit und die Weiblich­keit, so wie sie gewöhn­lich genom­men und getrie­ben wer­den, die gefähr­lichsten Hindernisse der Menschlichkeit, welche nach ei­ner alten Sage in der Mitte einhei­misch ist und doch nur ein har­mo­ni­sches Ganzes sein kann, welches kei­ne Absonde­rung leidet. (F. Schlegel, Über die Philosophie An Dorothea)

 

Die bisher übersehene „utopische (präziser: messianische) Dimension“ (37)[1] im Werk Hirschfelds, die Vision eines neuen Lebens, in dem es  –  um einen Ausdruck Stefan Georges zu gebrauchen  –  „übergeschlechtlich“ zugeht und in dem die Ein­tei­lung der Menschen in Männer und Frauen keine Macht und Geltung mehr besitzt, hat J. Edgar Bauer jetzt in den sexologischen Schriften Hirschfelds entdeckt. In einer geschichtsphilosophischen Perspektive sieht Bauer diese Utopie als epochalen Bruch mit dem als „theologisch“ inter­pretierten Sexual­dimorphismus, „dessen Wirkungsgeschichte von der Bibel bis hin zu Sigmund Freud reicht“. (38)


Ohne weitere Begründung läßt Bauer die Frage außer acht, ob es für diese Wirkungs­ge­schichte und für Hirsch­felds utopische Dimension anstelle von Bibel und Biologie noch andere, womöglich wirkungsmächtigere Quel­len gegeben hat wie beispielsweise die patri­ar­chalische Kultur der griechischen Antike. Immerhin wählte Hirsch­feld für seine erste Ver­öffentlichung, in der sein „epochaler Bruch“ vorbereitet wird, den Titel Sappho und Sokrates und nicht Sodom und Gomorrah oder David und Jonathan. Ob nun Jerusalem oder Athen auf die Geschlechterordnung in Europa den entscheidenden Einfluß geübt hat, kann kaum geklärt werden, wenn man sich wie Bauer einseitig dem biblischen Teil der Geschichte zuwendet und den platonischen Teil übergeht, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden. Natürlich weiß Bauer, daß die Geschichte nicht erst mit der Bibel begann – so erwähnt er Hirschfeld zitie­rend einmal Kamasutra und einmal Platons Symposion – und auch nach Freuds Tod nicht aufhörte. In der „Transgender-Bewegung in Amerika“ soll heutzutage dieser historische Pro­zeß, in dessen Verlauf Hirschfeld einst den besagten epochalen Bruch vollzogen hat, eine Art Avantgarde besitzen, und die Schriftstellerin Leslie Feinberg, die von sich selbst behauptet, ihre Geschlechtszugehörigkeit sei genauso wenig klassifizierbar wie ihr eheliches Verhältnis zu ihrer Frau, soll „eine der artikuliertesten Repräsentant(inn)en“ dieser Bewegung sein. (22) Doch selbst in Amerika ist der Hirschfeldsche Bruch noch kaum zur Kenntnis genommen worden, denn „die Frage nach der Geschlechts­zugehörigkeit“ wird dort „immer noch zumeist im Horizont des herkömmlichen Geschlechts­dimorphismus gestellt“. (22)

Allerdings hat Hirschfeld selbst diese epochemachende Dimension sei­nes Œuvres eher im Verborgenen ge­hal­ten, sie ist „zwar an mehreren Stellen angeschnitten, letztlich aber un­aus­geführt ge­blie­ben“. (38) Aus diesem Grunde haben die Biografen und Kritiker Hirschfelds sie „zu­meist“ gar nicht zur Kenntnis genommen, und man ist fast geneigt zu fragen, ob sich Hirschfeld selbst dieser quasi esoterischen Seite seines Schaffens womöglich gar nicht bewußt war oder ob er sie absichtlich verborgen hielt aus taktischer Rücksichtnahme auf die Mehr­heit, deren Selbstbild als gesunde und normale Männer und Frauen er nicht antasten wollte, die es vielmehr aufzuklä­ren und für sein Gerechtigkeitsprogramm zu gewinnen galt.

Die früher von mir geäußerte Vermutung, Hirschfeld habe wohl einen allzu provozierenden Angriff auf das Selbstverständnis der Majorität vermeiden wollen und deshalb das Thema der im Prinzip unendlichen Vielfalt der Geschlechter möglichst wenig berührt, möchte ich heute folgendermaßen revidieren: Ich nehme an, daß Hirschfeld seine grundlegende Idee (alle Men­­schen sind in gewissem Sinne sexuelle Zwischenstufen, einzig­artige Mischungen aus Weiblichkeit und Männlichkeit; einen hundertprozentigen Mann ohne jeden weiblichen Anteil gibt es in der Realität genauso wenig wie eine hundert­prozentige Frau) vor allem aus zweierlei Gründen überhaupt nicht verbergen mußte:

1) Spätestens seit der Romantik breitete sich im liberalen deutschen Bildungsbürgertum die Vorstellung immer weiter aus, daß die Persönlichkeiten aller Männer und aller Frauen körperliche und seelische Anteile des jeweils anderen Geschlechts enthalten. Sie gehörte am Anfang des 20. Jahrhunderts zum Alltagsbewußtsein dieser Schicht und prägt heute allem Anschein nach die Vorstellungswelt einer Bevölkerungsmehrheit.

2) Die Idee von der Persönlichkeit als Mischung weiblicher und männlicher Anteile steht nicht im Widerspruch zu jener anderen, daß die Menschheit aus wirklichen Männern, wirklichen Frauen und einer kleinen Gruppe mit körperlich und/oder seelisch un­ein­deutiger Geschlecht­lichkeit besteht.  Es handelt sich hier lediglich um zwei verschiedene begriff­liche Abstraktions­stufen, die zueinander komplementär sind und sich nicht gegenseitig ausschließen.

Hirschfeld thematisiert diese beiden Vorstellungen – es gibt tatsächlich Männer und Frauen; jeder Mensch ist eine individuelle Mischung männlicher und weiblicher Qualitäten – sehr oft in seinen Schriften. Ein besonders deutliche Formulierung des Verhältnisses beider Vorstellungen zueinander aus dem Jahre 1905 sei hier zitiert:

„Sehr streng wissenschaftlich genommen dürfte man in diesem Sinne gar nicht von Mann und Weib sprechen sondern nur von Menschen, die größtenteils männlich oder größten­teils weiblich sind. Bezeichnet man aber diejenigen, die vorwiegend männliche Qualitäten besit­zen, kurzweg als genus masculinum, und alle, die vorwiegend weibliche Eigenschaf­ten haben, einfach als genus femininum, so wäre man wohl berechtigt, diejenigen, bei denen die Summe des männlichen und weiblichen Anteils zwischen 33 1/3 und 66 2/3 liegt, als eine Art genus tertium aufzufassen.“[2]


Hirschfeld ist offensichtlich klar, daß man auf die Menschen von verschiedenen Stand­punk­ten aus blicken und sie auf vielerlei Weise sortieren, etikettieren, ordnen und verstehen kann, zum Beispiel könnte man „sehr streng wissenschaftlich“ jedwede Katego­risierung zugunsten der Betrachtung von individuellen Einzelheiten aufge­ben, was im Sinne Hirsch­felds vermut­lich bedeuten würde, die quantitativen Mischungsverhältnisse weiblicher und männlicher Qua­litäten im konkreten Individuum zu ermitteln. Andererseits weiß er natür­lich, Mann und Weib, Herren und Damen, Mütter und Väter, Mädchen und Knaben gibt es tat­sächlich als ge­sellschaftliche Re­ali­tät, als Sozialcharaktere, als handelnde Personen im All­tagsleben usw. Viel­leicht ist ihm nie klar geworden, daß diese „sehr streng wissen­schaftlich“ vorgenomme­ne Beschreibung und Analyse nicht weniger fiktional ist als jede andere Sub­sumtion ein­zelner Individuen unter allgemeine und besondere Kategorien, denn bereits die sprachliche Formu­lie­rung seiner wissenschaftlichen Beobachtungen erfordert die Zuordnung von be­ob­ach­teten Einzeldaten zu allgemeinen Begriffen. Eine Stelle in Hirschfelds Aufsatz Die in­ter­sexuelle Konstitution, auf die sich auch Bauer bezieht, wirkt auf den ersten Blick wie eine ver­absolu­tierende Entgegensetzung von allgemeinen Kategorien (Mann und Weib) als „Fiktion“ und Einzelindividualität als irgendetwas wie wahre Wirklichkeit oder Nicht-Fiktion:

„Es kann nicht oft genug wiederholt werden, daß schon zufolge der Erbgesetze diese Grundtypen [Mann und Weib] im Grunde nur Fiktionen sind und daß, wenn ein Satz zu Recht besteht, es dieser ist, daß der Mensch nicht Mann oder Weib sondern Mann und Weib ist.“[3]

Hirschfeld erläutert den Ausdruck „Fiktionen“, den er hier, und soweit ich sehe, nur hier ver­wendet, nicht. Einen nachvollziehbaren Sinn kann dieser Ausdruck im vorliegenden Kontext aber nur dann haben, wenn man ihn für alle wissenschaftlichen Aussagesätze gelten läßt. Be­schreibungen von Objekten wissenschaftlicher Beobachtun­gen sind insofern immer auch fiktiv, als sie notwenigerweise abstrahieren und aus der prinzipiell unendlichen Menge be­schreib­barer und beobachtbarer Daten auswählen. Dieses Abstraktions- und Auswahl­ver­fah­ren führt dazu, daß die so vom Wissenschaftler erzeugten Aussagesätze immer nur eine un­vollständige Beschreibung des Forschungsobjekts liefern können. Insofern sind die Be­schrei­bungen immer auch fiktiv. Der Forschungsprozeß, der prinzipiell unabschließbar ist, kann nun als eine unaufhörlich und dialektisch fortschreitende Annäherung der Objekt­be­schreibung an die objektive Realität des Forschungsgegenstandes und eine ebenso dialektisch fort­schrei­­tende Transformation des fiktionalen Moments in zunehmend realistischere Objektbeschrei­bung verstan­den werden. Die „Grundtypen“ Mann und Weib sind somit „im Grunde nur Fiktionen“, weil sie lediglich einige abstrakte und von der menschlichen Totalität isolierte Details abbilden. Hirschfelds Lehre von den sexuellen Zwischenstufen stellt gegen­über dem Grundtypenmodell (Mann/Weib) insofern einen Differenzierungsfortschritt dar, als damit die außerordentliche Vielgestaltigkeit der Geschlechts­charaktere vielleicht realitätsge­rech­ter und weniger fiktional beschrieben werden kann. „Lediglich die intersexuellen Varian­ten in ihrer außerordentlichen Vielgestaltigkeit zu registrieren, sie histo­risch und biologisch zu erfassen, ethnologisch und soziologisch zu be­werten, sah ich als Auf­ga­be der Lehre und der Lehrbü­cher von den sexuellen Zwischenstufen an.“[4] Daß diese Ord­nungs- und Regis­trierungsauf­gabe genauso gut und vielleicht besser von anderen Lehren und Modellen aus geleistet werden kann, ja daß es gar nicht erforderlich ist, für eine fiktionsärmere und reali­tätsnähere Regis­trie­rung und Beschreibung die beiden „Grundtypen“ aufzugeben, war Hirsch­feld durch­aus bewußt. In der Vorbe­merkung zum eben zitierten Aufsatz geht Hirsch­feld kurz auf die Arbeiten des Gynä­kologen Mathes und des Andrologen Posner ein, die zum glei­chen Thema wie er selbst forschten, sich jedoch anderer Lehren und Ter­minologien bedienten: „Im Grunde ist es doch wirklich einerlei, ob Erscheinungsformen als  ,Intersexu­elle‘, ,sexu­elle Zwischen­stufen‘ oder ,Geschlechtsübergänge‘ bezeichnet werden.“[5] 

Solche wissenschaftlichen Abbilder, „Grundtypen“ und Begriffe sind aber auf grundsätzlich anderer Art fiktiv als etwa religiöse Offenbarungstexte, bel­­let­ris­tische Prosa oder Träume. Das Ver­hältnis von Fiktionalität zu Realitäts­ange­mes­senheit ist in den drei eben genannten Abbil­dungs­modi von grundsätzlich anderem Cha­rakter als in wis­sen­schaftlichen Realitäts­beschrei­bungen. Die Distanz zwischen Beschreibung und be­schrie­be­nem Objekt ist im Fall wissenschaftlicher Beob­achtungsprotokolle eine andere als etwa in einem Kriminalroman oder einem biblischen Schöp­fungsbericht. Die Übersetzung der objektiven Realität in einen Text folgt in den genannten Beispielen unterschiedlichen Regeln.


Nur wenn man Hirschfelds Äußerung, daß die Grundtypen Mann und Weib „im Grunde nur Fiktionen[6] sind“, in einer, wie ich meine unzulässigen Weise verabsolutiert und die Fiktio­na­li­tät ausschließlich bei jener Grund­typen­lehre sehen will, während man die Zwischenstufen­lehre für hundertprozentig non-fiction hält, – nur dann kann man die Zwischenstufenlehre als „epochalen Bruch“ mit abendländischer Geschlechtskunde auffassen.

Bauer will zeigen, daß Hirschfelds epochaler Bruch auch so etwas wie eine Vollendung – „eine entscheidende Ergänzung“ (26) – der Kritik ist, die der Berliner Philosoph Max Stirner am Christentum und an der Christen­tumskritik Ludwig Feuerbachs übte. Stirner ver­suchte Feuerbach zu überbieten, indem er diesem vorwarf, er blei­be immer noch in der christ­lichen Lehre, die er endgültig vernichtet zu haben glaubte, befangen, weil er zwar den christ­lichen Gottesbegriff kritisch aufgelöst, jedoch den christlichen Menschenbegriff ganz unkri­tisch über­nommen habe. Stirner glaubte nun, diesen christlichen Menschenbegriff ent­thronen zu können, indem er ihn durch einen radikal subjektivistischen Ich-Begriff ersetzt und damit den Weg zur Befreiung aus dem Christentum und allen anderen Religionen gefunden hat.

Ich, der Einzige und mein Eigentum – das ist gewissermaßen eine neue Dreieinigkeit, die sich selbst dazu be­ruft, eine nachchristliche nie dagewesene Freiheit zu verkünden. Bauer meint nun, daß dieser Stirnersche Ein­zige in einem entscheidenden Punkt dem Menschen der Bibel gleicht, indem er wie Adam ein Mann ist, der sich nach seinem „Liebchen“[7], seiner Eva sehnt. Stirner hat sich seinen Einzigen nur als Mann oder Weib (vermut­lich als Mann mit seinem Weib als seinem Eigentum) vorgestellt. Indem Hirschfeld die beiden Grund­typen Mann & Weib in eine unendliche Vielzahl individueller Zwischenstufen auflöst, ver­wirklicht er die Be­freiung des Stirnerschen Ichs vom letzten Rest Transzendenz. Wie Stirner die Be­freiung seines Ichs und viel­leicht auch aller anderen einzigen Iche in einer Art neuer Sprach­regelung sah, in der Befreiung der Indi­viduen von der Subsumtion unter quasi theolo­gische Abstrakta oder Oberbegriffe, so hat Hirschfeld die Indi­viduen von der Sub­sumierung unter die einengende und unfreimachende Mann/Frau-Dichotomie emanzipiert und auf diese Weise Stirners Befreiungswerk komplettiert, wie der es sich wohl nie träumen ließ.

Bauer nimmt meines Erachtens zu Unrecht an, Hirschfeld habe in Stirnerscher Manier die Geltung aller gesell­schaftlichen Kategorien, die die Entfaltung und Emanzipation der Indi­viduen verhindern, gewissermaßen per Dekret außer Kraft gesetzt oder auch nur den Weg entdeckt, auf dem diese Außerkraftsetzung vollzogen werden kann. Wenn die Identität eines Individuums nur noch tautologisch definiert werden könnte (Ich = Ich, oder mit einem Bauerschen Bibelzitat: „Ich werde dasein, als der ich dasein werde.“ (43)) – welche Freiheit wäre damit gewonnen?


Von den zahlreichen Witzen, die Marx und Engels über Stirners Einzigen und sein Eigentum machten, trifft einer das hier dargelegte Problem recht genau. Obwohl er die Hauptschwäche Stirners, seinen Glauben an Aufhebung der sozialen Verhältnisse durch bloße Verkündigung des Ichs und seiner Freiheit, nur am Rande erwähnt, halte ich ihn für witzig und gedankenreich genug, um hier zitiert zu werden:

„Die Einzigkeit, die Originalität, die ,eigne‘ Entwicklung der Individuen, die nach Sancho z.B. bei allen ,menschlichen Arbeiten‘ nicht stattfindet, obgleich Niemand leugnen wird, daß ein Ofensetzer den Ofen nicht auf ,dieselbe‘ Weise setzt wie der andre; die ,einzige‘ Ent­wick­lung der Individuen, die nach demselben Sancho in den religiösen, politischen etc. Sphären nicht stattfindet (siehe ,Phänomenologie‘), obgleich Nie­mand leugnen wird, daß unter Allen, die an den Islam glauben, Keiner auf ,dieselbe‘ Weise an ihn glaubt und sich insofern ,einzig‘ verhält, wie unter allen Staatsbürgern keiner auf ,dieselbe‘ Weise sich zum Staat ver­hält, schon weil Er es ist und nicht der Andere, der sich verhält – die viel­ge­rühmte ,Einzigkeit‘, die so sehr von der ,Dieselbigkeit‘, der Identität der Person sich unterschied, daß Sancho in allen bisherigen Individuen fast nur ,Exemplare‘ einer Gattung sah, löst sich also hier auf in die polizeilich konstatierte Identität einer Person mit sich selbst, darin, daß Ein Individuum nicht das Andre ist. So schrumpft der Weltstürmer Sancho zum Schreiber eines Paßbüros zusammen [...] Berühmt ist der klassische Aus­druck, den Leibniz diesem alten Satz (der in jedem Handbuch der Physik als Lehre von der Undurchdringlichkeit der Körper auf der ersten Seite figuriert) gegeben hat: ,Opus tamen est ... ut quaelibet monas differat ab alia quacunque, neque enim unquam dantur in natura duo entia, quorum unum exasse conveniat cum altero‘[8] (Principia Philos. seu Theses pp.) Sanchos Einzigkeit ist hier zu einer Qualität herabgesunken, die er mit jeder Laus und jedem Sandkorn teilt.“[9]

Ich vermute, daß Bauer die Zwischenstufenlehre Hirschfelds auch deshalb als „epochalen Bruch“ überschätzt, weil er eine Stelle in der Bibel für mein Gefühl zu eigenwillig und einseitig auslegt. Die Stelle Gen. 1,27 lautet in der mir zugänglichen Luther-Übersetzung: „Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie einen Mann und ein Weib.“ Zweifellos steht diese Stelle in einem engen Zusammen­hang mit der vermutlich nicht erst seit jener Zeit üblichen Verfolgung und Vernichtung solcher Menschen, die nach herrschendem Urteil zu sehr von diesem geschlechtsbinären Bild abwichen. Hier geht es mir aber um einen anderen Aspekt dieser alten Geschichte:

Es ist ja tatsächlich so, dass die Men­schen sich und ihre Mitmenschen, vielleicht schon immer, als Männer oder Frauen wahr­nehmen, nach einem primitiven Entweder-Oder-Schema und nicht nach einem Muster der un­endlich vielen Geschlechter. Diese Tatsache wäre ohne Belang, wenn die binäre Wahr­neh­mung und Selbstwahrnehmung nicht immer an das wirklich verhängnisvolle Institut von Herr­schaft und Knechtschaft geknüpft wäre und mit einem leider treffenden Ausdruck von Fried­rich Engels „die weltgeschichtliche Niederlage des weiblichen Ge­schlechts“[10] mit herbei­ge­führt hätte. Die Bibel ist nun einer der großen ideologischen Recht­fertigungstexte für die Herr­schaft der Männer über die Frauen. Im vorliegenden Zusam­menhang kann es deshalb nur als Fehlinter­pre­tation verstanden werden, wenn Bauer den „Gott des hebräischen Schrift­tums“ den Menschen „als Mann und Frau“ erschaffen läßt, aber die Worte ignoriert, die dieser Gott nach dem Sündenfall zur Eva sprach: „Und dein Ver­langen soll nach deinem  Manne sein; und er soll dein Herr sein.“ (Gen. 3, 16) Wenn die Zu­ordnung eines Menschen zum alles andere als fik­tionalen Grundtyp Frau stets auch ein Wert­urteil, eher ein Unwert­urteil und Unterwerfung unter die Männerherrschaft bedeutet, dann ist dies der entscheidende Punkt, den man nur um den Preis krasser Mißinterpretation der an sich trivialen Tatsache des Geschlechterdimorphismus ignorieren kann. Die Entrech­tung und Unterdrückung der Frau ging unter dem Regime monotheistischer Religionen so weit, daß den Frauen der Status des Menschseins aberkannt wurde. Frauen gehörten zum sachlichen Eigentum der Männer wie die Haustiere oder der Ackerboden.


Die Entwicklung, die sich im 20. Jahrhundert vor allem in den industrialisierten Gesellschaf­ten des Westens voll­zieht und der die Frauenbewegungen, die Schwulenbewegungen und die Arbeiterbewegungen vorwärtswei­sende Impulse geben, kann als Revision oder Umkehrung je­ner weltgeschichtlichen Niederlage der Frauen inter­pretiert werden. „Enthaustierung der Frau“ nennen die beiden Sozialwissenschftler G. Heinsohn und R. Knieper diese Ent­wick­lung, als deren Grundlage sie die geschlechtsunabhängige Verall­gemeinerung der Lohn­arbeit und damit die Möglichkeit öko­no­mischer Selbständigkeit der Frauen bezeichnen. Sie äußert sich unter anderem in der zu­neh­menden Zerstörung traditionel­ler weiblicher Geschlechts­rol­lenidentität.[11] Hirschfeld hat mit seinem gesamten Lebenswerk und seinem Engagement in allen dreien der genannten sozialen Bewegungen zur Be­schleuni­gung dieser Entwicklung bei­getragen, die auf eine Entkoppelung von Geschlechtszuschrei­bung und Wert­urteil hinaus­läuft. In immer mehr ge­sellschaftlichen Bereichen wird eine unterschiedliche Bewertung der Geschlechter und Ge­schlechtsrollenidentitäten durch Wert­neutralität ersetzt. Bis 1919 waren zum Beispiel in Deutschland die meisten Rech­te im staatsbürgerlichen und familiären Bereich an die Zuge­hö­rig­keit zum männ­lichen Geschlecht gekoppelt. Mit der Schrift „Was jede Frau vom Wahl­recht wissen muß!“, die Hirschfeld 1919  gemeinsam mit seiner Schwester Franzis­ka Mann ver­faß­te, hat er in diese Entwicklung erfolgreich eingegriffen. Worauf es meines Er­achtens ankommt, ist allein diese Entkoppelung von Werturteil und Geschlecht, denn was hülfe es, wenn der Geschlechts­dimorphismus zugunsten einer unendlichen Geschlechtsvielfalt aufgegeben werden würde, aber an der Minderbewertung jener Hälfte der einzigartigen Indi­vi­duen, in denen die weib­lichen Qualitäten die männlichen überwiegen, festgehalten würde? Lediglich in einem Zwi­schenbereich gesellschaft­licher und subjektiver Normierung sehe ich kaum einen Wandel in der Geschlechterbe­wertung sich vollziehen: Die geschlechtliche Part­nerwahl bedeutet immer auch ein Werturteil, und hier dürfte die Zuschreibung des einen oder anderen Geschlechts zum gewählten Partner maß­geblich sein. Eine sexuelle Partnerwahl jen­seits von Homosexu­a­lität, Heterosexualität oder Bi­sexualität ist heutzutage ähnlich schwer vorstellbar wie zu Hirschfelds Zeiten. Leslie Feinberg ist es vermutlich nicht gleichgültig, ob ihre Frau eine Frau ist oder nicht.

 

 

2. Religiöser Atheismus

 

Wer Wissenschaft und Kunst besitzt, / Hat auch Religion; / Wer jene beiden nicht besitzt, / Der habe Religion. (Goethe, Zahme Xenien)

 

Es war einmal eine Kellerassel / Die geriet in ein Schlamassel / Der Keller, in dem sie asselte / Brach eines schönen Tages ein / So daß das ganze Haus aus Stein / Ihr auf das Köpfchen prasselte / Sie soll religiös geworden sein. (Brecht, Tierverse)

 

Will man die sinnliche Liebe zum eigenen Ge­schlecht bestra­fen, so treffe man doch den großen Unbekannten, welcher Schuld daran trägt, daß Frauen und Männer in Liebe zu ihres­gleichen entbrennen können – den Schöpfer. (Hirschfeld, Sappho und Sokrates)

 


Der heute nicht sehr beliebte ungarische Philosoph Georg Lukács hat in den fünfziger Jahren den Ausdruck „religiöser Atheismus“ auf die protestantische Theologie Kierkegaards mit meines Erachtens sehr viel Plausibilität und Berechtigung angewendet. Lukács zitiert eine Stelle, wo sich Kierkegaards Gott zum bloßen Postulat verflüchtigt – „Auf diese Weise wird Gott freilich ein Postulat“ –, dann führt er aus:

„Bei Kierkegaard kann natürlich von einem offenen Bekenntnis zum religiösen Atheismus nie und nirgends die Rede sein; dieser ist ein unbewußtes, ungewolltes Produkt seiner Konzep­tion. Da Kierkegaard die Ver­teidigung der Religion vom falschen idealistischen Objekti­vis­mus Hegels befreien will, gerät er in den Strom jenes Subjektivismus, der eine jede Art Ob­jek­­tivität ins Subjekt zurücknehmen und ausschließlich aus diesem hervor­gehen lassen will. Gerade darum muß bei ihm in der sozusagen erkenntnistheoretischen Betrachtung des reli­gi­ö­sen Subjekts ein jedes Objekt (und damit auch eine jede Spur von Gott) verschwinden. Diese Methodologie ist aber zugleich ein exakter Ausdruck seines spontanen Weltgefühls und be­stimmt dadurch die typisch vorgefundene Umwelt und Mitwelt seines religiös existentiellen Verhaltens: es ist das Nichts.“[12]

Bauer attestiert Hirschfeld einen religiösen Atheismus, wobei er seine Erklärung dessen, was er an Hirschfelds Atheismus für religiös hält, leider nur auf die Andeutung beschränkt, er sehe in Hirschfelds Gerechtigkeitsethos „die messianische Inspiration der Propheten Israels“ (24) am Werk. Eine Bestätigung dieser Deutung findet Bau­er an einer Stelle in der Fest­schrift zu Hirschfelds sechzigstem Geburtstag von 1928, wo Kurt Hiller dessen hu­ma­nitäre Auffassung vom Zweck der Wissenschaft als „religiös“ bezeichnet. (25) Das Religiöse an Hirschfelds Le­benswerk soll sich in der zentralen Rolle zeigen, die der Begriff der Gerechtigkeit bei seinen Be­freiungs­be­stre­bungen spielt. Hillers Verwendung des Adjektivs „religiös“ ist zunächst irri­tie­rend, da er das Wort nicht er­läutert und auch später, wenn er den gleichen Sachverhalt be­schreibt, nicht mehr verwendet. Nur noch „der ethi­sche Inhalt und Impetus seines Wirkens“ wird in Hillers Nachruf auf Hirschfeld von 1935 erwähnt, allerdings wird er hier auch als „jü­discher Arzt und Aufklärer“ bezeichnet.[13] Aber wollte Hiller mit diesen Formulierungen tat­säch­lich „die messianische Inspiration der Propheten Israels“ in Hirschfelds Werk benennen? Ich vermute, daß der jüdische Arzt und Aufklärer in und nach der Zeit des Hitlerfaschismus eher auf den Antisemitismus der Nazis anspielt, deren Verbrechen an Hirschfeld (mißglück­tes Attentat in München 1920 und Verbrennung sei­ner Bücher 1933) von Hiller benannt wird. Und die Bezeichnung „religiös“ möchte ich eher als dezent-iro­nische Kritik an Hirschfelds so­­zialdemokratisch und reformistisch geprägter Emanzipationsstrategie deuten, sowie an sei­nem Hang zu einer oft zu verschwommenen und pastoralen Alle-Menschen-werden-Brüder-Rhetorik. Hillers Etikettierung des Hirschfeldschen Wissenschaftsverständnisses als religiös findet sich in einer Antwort auf eine Umfrage, ob man diesem Wissenschaftsverständnis zu­stimme. Die zweite Frage dieser Um­frage betrifft genau diesen praktisch-strategischen Aspekt des Wissen­schafts­ver­ständ­nisses, und Hillers Antwort fällt auch entspre­chend linksradikal, „revolutionär“, antisozialdemokratisch und sozusagen anti-religiös aus:

„Glauben Sie, daß die humanitären Ideen Magnus Hirschfelds [...] Aussicht haben, sich in absehbarer Zeit durchzusetzen? Und welcher Weg müßte dazu eingeschlagen werden? [Hillers Antwort:] Welcher Weg zur Verwirklichung der humanitären Ideen eingeschlagen werden muß? Kein Weg; diese Gesellschaftsordnung!“[14]

Zu jener Zeit, 1928, hat sich offenbar bereits das Ende der Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen Hirschfeld und Hiller/Linsert angekündigt, das mit dem von Linsert als treibender Kraft erzwungenen Rücktritt Hirschfelds vom WhK-Vorsitz im Herbst 1929 besiegelt wurde.


Ich möchte jetzt zwei autobiografische Passagen aus Hirschfelds Schriften zitieren, die Hin­weise auf die Inspi­rationsquellen für sein humanitäres Wissenschaftsethos und Mensch­heits­pathos geben können. Während die Auseinandersetzung des jungen Studenten mit dem so po­litischen wie frommen Judentum seine Abkehr von Religionen aller Art wenn nicht ein­leitete, so doch wesent­lich bestärkte, war es seine Rezeption des – wie er ihn nennt – „wissen­schaft­­lichen Sozialismus“, die ihn den Glauben an „Panhumanismus und Kosmopolitismus“ lehrte und ihm Vorbilder glühenden Gerechtigkeitssinns zeigte.

In der 11. Fortsetzung der Artikelserie „Phantom Rasse. Ein Hirngespinst als Weltgefahr“ schreibt er unter den Stichworten Zionismus und Assimilation unter anderem Folgendes:

„Die geistige Geburtsstätte des Zionismus ist Paris, denn hier wirkten als Journalisten The­odor Herzl, der Ver­fasser des ,Judenstaat‘, und Max Nordau, in dessen Haus ich in Paris damals bei meinem Aufenthalt als Student viel verkehrte. Heiß tobte damals der Mei­nungs­­streit über die Berechtigung der zionistischen Be­wegung, die von den einen für die Lösung der Judenfrage gehalten wurde, während die anderen sie als einen ,Reinfall auf den Anti­semi­tismus‘ bezeichneten und eine Verschärfung der Gegensätze fürchteten. Wie aber  steht es mit der vielgeschmähten Assimilation? Ich möchte hier zunächst zwei Grup­pen unter­schei­den: die Halb- und Ganzassimilanten. Die halben, gegenwärtig noch der um­fang­reichere Teil, sind die Staatsbürger jüdischen Glaubens, oder richtiger jüdischer Tra­dition, die zwar mehr oder we­niger – meist weniger – an alten Sitten und Gebräu­chen fest­halten, sich [als] Juden füh­len (wenn auch oft mit einer seit den Kinder­jahren durch die Um­welt hervorgerufenen Min­der­wertigkeitseinstellung), gleichzeitig aber doch fest in ihrem Geburtslande, ihrer wahren Heimat wurzeln, in dem ihre Familien oft seit vielen Jahr­­­hunderten, vielfach seit nahezu 2000 Jahren ansässig sind. Die ersten Juden ließen sich bereits unter Julius Caesar in den germani­schen Siedlungen der Römer nieder [...] Es gibt aber noch eine höhere Assimi­lationsform, die im Zeitalter des Nationalismus zu rühmen fast als Vermessenheit erscheint – ich meine die übernationale Menschheits­assimilation, die zwischen den Völkern nicht den geringsten Wert­unterschied macht, sondern solche nur zwischen einzelnen Menschen anerkennt. Wir wissen von Zeiten – und sie standen höher als die unsrigen –, in denen die Anhänger eines solchen Panhumanismus und Kosmopolitismus sich frei als Weltbürger bekennen durften.“[15]

Daß Hirschfeld mit Äußerungen wie dieser ein Bekenntnis zur übernationalen Mensch­heits­­assimilation ab­legte, sieht auch Bauer, er glaubt allerdings sogar darin noch „den mes­sia­ni­schen Zug seines Anliegens“ ent­decken zu können, weil Hirschfeld in diesem Zusammen­hang einmal eine Gedichtzeile des sozialistischen Dichters Freiligrath zitiert. (24)

Von manchen Gegnern des historischen Materialismus ist der Gedanke geäußert worden, daß der Jude Karl Marx mit seiner Theorie und seiner Politik nichts weiter getan habe als die alte jüdische Vorstellung von der An­kunft des Messias, der das Reich Gottes auf Erden errichtet, in Ka­pitalismuskritik zu übersetzen. Das aus­er­wähl­te Volk firmiert bei Marx als Welt­proleta­riat, das das eschatologische Reich des Weltfriedens und der klas­sen­losen Welt­republik er­rich­tet, und Marx selbst hätte sich demnach als Prophet dieser messianischen Erlö­sungs­­bot­schaft inseriert. Das kann man natürlich so sehen, und mit einem solchen Interpretations­mus­ter kann man Karl Marx und Magnus Hirschfeld (und all die andern Juden und Jüdinnen mit dem Ideal der Mensch­heits­assimi­la­tion) zu „religiösen Atheisten“ umdeuten, die letztlich immer auf die Bibel fixiert blieben. Hirsch­felds geistige Bil­dungserfahrungen mit der Lektüre von klassischen Schriften der sozialistischen Arbeiter­bewe­gung wäre dann nur eine Art Über­setzungsarbeit oder Oszillation zwischen dem Glauben der Väter und der Hoffnung auf den Kommunismus. Den Betroffenen selbst war natürlich nicht bewußt, was sie „eigentlich“ taten, als sie die Ungerechtigkeiten ihrer Gegenwart analysier­ten und kritisierten.


„Um so erfreulicher ist es, daß andererseits auf deutschem Boden aber auch eine Per­sön­lich­keit wie August Bebel (von 1893 bis 1913 der angesehenste Führer der Sozialdemo­kra­tischen Partei) erwuchs, der in seinem Buche ,Die Frau und der Sozialismus‘ (1883) die stärkste Lanze für eine freiere Gestaltung der Ehe auf Grund der Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts mit dem männlichen innerhalb und außerhalb der Ehe gebrochen hat. Da dieses grundlegende Werk selbst in sozialistischen Kreisen leider immer mehr in Ver­gessenheit gerät und bei weitem nicht mehr die allgemeine Verbreitung besitzt, die einem so klassischen Buche zukommt, seien wenigstens einige der wesentlichsten Stellen über unser Problem daraus hier wieder­ge­geben [...] Ich selbst wurde von diesem Buche stark beeinflußt. Es führte mich bereits im Alter von zwanzig Jahren Bebel zu, dessen glühender Gerechtigkeitssinn mich von der mir angestammten demokra­tischen Gesinnung (mein Vater war ,Achtund­vier­ziger‘) zur sozialdemokratischen Anschauung führte.“[16]

Die Spekulation ist gewiß legitim, Hirschfeld sei sich der letztlich religiösen Wurzeln und Anstöße seiner Emanzipationsarbeit nicht bewußt gewesen oder habe sie, falls sie ihm doch bewußt waren, verheimlicht. Der Versuch Bauers, diese Spekulation durch Auslegung von Textstellen aus Hirschfelds Schriften zu begründen oder zu beweisen, scheint mir nicht gelungen.

Bauer scheint sich darüber zu wundern, daß Hirschfeld das „Christentum bekämpfte“ aber  „eine offene Kon­frontation mit dem Judentum vermied“. (19) Diese Verwunderung kommt ver­mutlich daher, daß er den „Wider­stand, auf den Hirschfeld mit seinen subversiven Thesen stieß“, völlig undifferenziert als „religiös“ motiviert ansieht (20) und Hirschfelds durchweg defensive Verteidigung gegen Angriffe von Funktionären der beiden christ­lichen Staats­kirchen zu einem Kampf gegen das Christentum umdeutet. Tatsächlich hat Hirschfeld die offe­ne Konfron­tation mit allen religiösen Mächten und Organisationen vermieden, einfach deshalb weil sie ihm ziem­lich gleichgültig waren. Hirschfeld mußte aber erfahren, daß die frühesten und aggressivsten Attacken ge­gen seine § 175-Propaganda von christlichen Wür­denträgern kamen. Der evangelische Pastor und Reichstags­ab­ge­ordnete Martin Schall war in diesem Kampf ein Avantgardist, indem er schon im Januar 1898 in einer Reichs­tagsrede Hirschfelds Petition für unvereinbar mit den Anschau­ungen des Christentums erklärte, denn es handele sich „hier um ein Verbrechen, welches bereits der Apostel Paulus als eine der schlimmsten Versündigungen und Laster des alten Heidentums im Briefe an die Römer im ersten Kapitel hingestellt hat“.[17] Daß Hirschfeld diesem und den vielen christlich motivierten Angriffen, die noch folgen sollten, stets argumentativ und unpolemisch ent­gegnete, ohne sich auf theologische Grundsatzfragen einzulassen, scheint mir nicht nur taktisch klug, sondern auch Ausdruck eines ausgeprägten Desinteresses Hirschfelds an religiösen Fragen zu sein. Besonders deutlich wird dies in seinem ersten sexologischen Werk Sappho und Sokrates von 1896, wo irgendwelche Religionsge­meinschaften oder Glaubensfragen überhaupt nicht vor­kommen. Allenfalls einige milde ironische Anspielungen – so wenn er das Bibelwort „Seid fruchtbar und mehret Euch“ als eine „durch göttliche Autorität verstärkte Sug­gestion“ be­zeichnet, die „die Menschen bewogen hat, die Liebe zum andern Geschlecht zu bethätigen“[18] –  signalisieren, daß Hirschfeld ohne besondere Prophetengabe vorausgesehen hat, wer seine künftigen Haupt­gegner sein werden, nämlich die organisierten Christen.

Warum hätte er aber die offene Konfrontation mit dem Judentum suchen sollen? Von dieser Seite waren gewiß keinerlei Angriffe auf sein wissenschaftlich-humanitäres Emanzipations­projekt zu erwarten. Das Judentum war im Kaiserreich politisch bedeutungslos, eine Reli­gi­ons­gemeinschaft, dessen Einfluß in keiner Weise mit der totalitär alle gesellschaftlichen Sphären durchdringenden Macht der beiden christlichen Staatskirchen zu vergleichen war.


Die Frage, ob die jüdischen Gemeinden im Kaiserreich in irgendeiner Weise auf Hirschfelds Befreiungskampf für die sexuellen Zwischenstufen reagiert haben oder ob sie der sexuellen Frage zu weit entrückt waren, ist bisher, soweit ich sehe, noch nicht untersucht worden. Hirschfeld erwähnte einmal, als es um das Verhältnis zwischen Religion und Uranismus geht, daß nach der Volkszählung von 1910 der Anteil der „Israeliten 615.021 = 0,9 %“ an der Bevöl­kerung betrug, während sich der Anteil der Männer mit israelitischem Bekenntnis an den von 1902 bis 1910 nach § 175 im Kaiserreich Verurteilten auf 0,6% = 34 Personen belief. Auf Grund dieser Zahlen widersprach Hirschfeld Spekulationen seines Kollegen Iwan Bloch und seines schwulenpolitischen Gegners Benedict Friedländer:

„Es traf nicht zu, wenn Iwan Bloch früher aus dem mustergültigen Familienleben der Ju­den folgerte, daß ,Ho­mosexualität bei ihnen kaum vorkommt‘, ebensowenig wie es statis­tisch belegt ist, wenn Friedländer be­hauptet, daß ,die hebräische Rasse von den in Europa hausenden Völkern am wenigsten zur physiolo­gischen Freundschaft inkliniert‘ [...] Die jü­dischen Urninge sind nur in dem Sinne in christlichen Ländern selten wie die protes­tan­tischen, von denen man Gleiches behauptet hat, in katholischen Gegenden.“[19]

 

 

3. Das dritte Geschlecht der Romantik

 

Um Hirschfelds Zwischenstufenlehre als epochalen Bruch mit allem bisher Geltenden darzu­stellen, muß man natürlich mögliche Vorläufer oder die Rückdatierung dieses Bruches auf einen früheren Zeitpunkt zurückweisen. Bauer tut dies, indem er versichert, „daß die religiös inspi­rierten, genauso wie die ,wissenschaftlich‘ begrün­deten Konstruktionen eines ,dritten Ge­schlechts‘ einen systematischen Ansatz aufweisen, der sich wesentlich von demjenigen un­ter­scheidet, der der Hirschfeld’schen Konzeption der sexuellen ,Zwischenstufigkeit‘ eines je­den Menschen zugrunde liegt.“ (21) Bauers Versicherung hält indes einer Überprüfung nicht stand. Ich möchte jetzt zeigen, daß Hirschfelds Konzeption keineswegs seine originäre Erfin­dung ist, daß es vielmehr Vorläufer gab. Hirschfeld selbst hat übrigens gar kein Urheberrecht für seine Lehre beansprucht, sondern stets auf seine Vorläufer hingewiesen. Mit drei Beispie­len (Ulrichs, Schopenhauer, Ramdohr) soll dies illustriert werden.

In dem Kapitel „Zur Theorie und Geschichte der Bisexualität“ seines Buches Vom Wesen der Liebe greift Hirsch­feld in einen Streit ein, der 1906 von dem Arzt Wilhelm Fließ und seinem Freund, dem Bibliothekar Richard Pfennig, vom Zaun gebrochen wurde. Fließ beanspruchte, der Erfinder oder Entdecker der Bisexualität aller Menschen zu sein, was er in seinem Werk Der Ablauf des Lebens. Grundlegung zur exakten Biologie (Leip­zig und Wien 1906) begrün­det. In jedem Menschen sind wie in allen Lebewesen demnach „zwei Substanzen“, eine männ­­liche und eine weibliche in individuellen Mischungsverhältnissen vorhanden. Ferner bezichtigte Fließ seinen einstigen Freund Sigmund Freud, ihm diese Erfindung gestohlen und dem Wiener Schrift­stel­ler Otto Wei­ninger weitergegeben zu haben, der sie seinem damals enorm populären Buch Geschlecht und Charakter zugrun­de gelegt haben soll. Hirschfeld weist nun nach, daß Fließens An­spruch ganz abwegig ist. Er nennt Naturwis­sen­schaftler aus dem 19. Jahrhundert wie Darwin und Weismann, die die Ansicht vertraten, die Merkmale des einen Geschlechts seien „schla­fend oder latent“ immer in den Individuen des andern Ge­schlechts vorhanden. Schließlich zitiert er aber eine Stelle aus den Schriften seines vielleicht wich­tig­sten Vorbilds und quasi Lehrers, Karl Heinrich Ulrichs, die bereits 1862 den entschei­denden Punkt in Hirschfelds Zwischenstufenlehre formulierte:

„Der geschlechtliche Dualismus, welcher ausnahmslos in jedem menschlichen Individuum im Keim vorhan­den ist, kommt in Zwittern und Uraniern nur in höherem Grade zum Ausdruck als im gewöhnlichen Mann und im gewöhnlichen Weib. Im Uranier kommt er ferner nur in einer anderen Weise zum Ausdruck als im Zwitter.“[20]


Ulrichs wußte also schon lange vor Hirschfeld, daß „der geschlechtliche Dualismus“ in jedem Menschen vor­handen ist und daß der Unterschied zwischen gewöhnlichen Dioningen und weniger gewöhnlichen Uraniern resp. Zwittern nur ein gradueller oder in Hirschfelds Aus­­drucksweise: ein quantitativer ist.[21] Das heißt zugleich, auch die Individuen sind unter­ein­an­der in Bezug auf den geschlechtlichen Dualismus nur graduell unterschieden und nicht qualitativ.

Schopenhauer, ein anderer Autor des 19. Jahrhunderts, der häufig von Hirschfeld zitiert und dabei fast immer als das bezeichnet wird, was ihn hauptsächlich charakterisiert: als Antifemi­nist, hatte eben­falls den Kerngedanken der Zwischenstufenlehre formuliert, als er 1859 in der dritten Auflage seines bekanntesten Werkes Die Welt als Wille und Vorstellung schrieb:

„Die Physiologen wissen, daß Mannheit und Weiblichkeit unzählige Grade zulassen, durch welche jene bis zum widerlichen Gynander und Hypospadiäus sinkt, diese bis zur an­mutigen Androgyne steigt; von beiden Seiten aus kann der vollkommene Hermaphro­ditis­mus erreicht werden, auf welchem Individuen stehen, wel­che, die Gerade zwischen den beiden Geschlech­tern haltend, keinem beizuzählen, folglich zur Fortpflanzung untaug­lich sind. Zur in Rede stehenden Neutralisation zweier Individualitäten durchein­ander ist dem­zufolge erfordert, daß der bestimmte Grad seiner Mannheit dem bestimmten Grad ihrer Weiblichkeit genau ent­spre­che, damit beide Einseitigkeiten einander gerade aufheben. Demnach wird der männlichste Mann das weib­lichste Weib suchen und vice versa ebenso jedes Individuum das ihm im Gra­de der Geschlechtlichkeit ent­sprechende. Inwiefern nun hierin zwischen zweien das erforder­li­che Verhältnis statthabe, wird instinktmäßig von ihnen gefühlt und liegt, nebst anderen relativen Rücksichten, den höheren Graden der Verliebtheit zugrunde.“[22]

Häufig verweist Hirschfeld, um die mythischen Ursprünge seiner Zwischenstufenlehre zu bezeichnen, auf den Aufsatz „Über die androgynische Idee des Lebens“, den sein damaliger Mit­arbeiter Lucien v. Römer 1903 im Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen publiziert hatte. Die Beispiele, die v. Römer aus den Mythologien der Inder, der Ägypter, der Juden und der Orphik sowie aus den Schriften Jakob Böhmes und Helena Blavatzkys an­führt, enthalten aber gerade nicht den Gedanken, der für Hirschfelds Lehre entscheidend ist. Es ist hier immer nur von einem wirklich dritten Geschlecht die Rede, das unter Göttern und Menschen vorkommen soll und aus Ei­genschaften der beiden anderen irgendwie gemischt ist, während die beiden an­deren Geschlechter unver­misch­te „Vollmänner“ und „Vollweiber“ sein sollen. Auf v. Römers Beispiele trifft Bauers Einschätzung vollständig zu, daß der Ansatz dieser Konstruk­tionen „sich wesentlich von demjenigen unterscheidet, der der Hirsch­feld’schen Konzeption der sexuellen ,Zwischenstufig­keit‘ eines jeden Menschen zugrunde liegt.“ (21)

Auf Ulrichs und Schopenhauer trifft Bauers Einschätzung indes nicht zu; ebenfalls nicht auf Friedrich Wilhelm Basilius v. Ramdohr, einen Autor der Goethe-Zeit, dessen Abhandlung Venus Urania (Leipzig 1798) Derks treffend als den „Versuch einer Neubegründung der Se­xualanthro­pologie“[23] charakterisiert hat. Die Stelle in der Venus Urania, in der v. Ramdohrs Zwischenstufen­lehre am klarsten zum Ausdruck kommt, findet sich im ersten Band und lautet:

„Aber so viel glaube ich mit Zuverlässigkeit annehmen zu können: jeder Mensch vereinigt in sich die doppelte Disposition zur Stärke und zur Zartheit. Nur in so fern in seinem Wesen Stär­­ke über Zartheit prädominiert, ist er positiver Art, männlichen Geschlechts: nur in so fern die Zartheit über die Stärke prädominiert, ist er negativer Art, weiblichen Geschlechts.“[24]


Die je individuelle Mischung männlicher und weiblicher Eigenschaften, die bei Hirschfeld die einzigartige Geschlechtlichkeit eines jeden Menschen ausmachen, nennt Ramdohr „die dop­pelte Disposition zur Stärke und zur Zartheit“. Männer und Frauen sind auch für Ramdohr in dem Sinne „Fiktionen“, als es sich hierbei um zusammenfassende Abstraktionen von Men­schen­gruppen handelt, bei denen entweder die eine oder die andere Disposition „prädomi­niert“, also quantitativ oder graduell überwiegt.

Ich möchte abschließend die Vermutung äußern, daß die Grundidee der Zwischenstufenlehre, die für jeden Mann und für jede Frau und nicht nur für die Androgynen und Hermaphroditen einen individuellen Anteil weib­licher resp. männlicher Geschlechtseigenschaften annimmt, zuerst in der Epoche der deutschen Frühromantik um 1800 formuliert wurde. Neben der bereits zitierten Stelle bei Ramdohr habe ich bisher nur sehr wenige Belege in den mehr oder we­niger einschlägigen Untersuchungen von Derks[25] und Kluckhohn[26] gefunden. Als vorläufige Mitteilung folgen hier drei meiner schönsten Funde:

Friedrich Gentz schreibt 1803 in einem Brief an Rahel Levin: „Wissen Sie, Lieber, warum unser Verhältnis so groß und so vollkommen geworden ist? Indes ich will es Ihnen sagen. Sie sind ein unendlich produ­zie­ren­des, ich bin ein unendlich empfangendes Wesen; Sie sind ein großer Mann; ich bin das erste aller Weiber, die je gelebt haben.“ (Derks, S. 220)

Wilhelm von Humboldt schreibt an seine Braut: „Ich weiß nicht, ob alle Männer ebenso lieben, es soll in meinen Gefühlen viel Weibliches sein. Man sagte mir mehr als einmal, man könnte mit mir wie mit einer Frau reden, und neulich schrieb mir die Forster, sie möchte mich Schwester nennen. Ich finde es nicht unwahr.“ (Kluckhohn, S. 305)

In Friedrich Schlegels Roman Lucinde (Berlin 1799) heißt es in dem Kapitel „Dithyram­bische Phantasie über die schönste Situation“: „Eine unter allen ist die witzigste und die schönste: wenn wir die Rollen vertauschen und mit kindischer Lust wetteifern, wer den andern täuschender nachäffen kann, ob Dir die schonende Heftigkeit des Mannes besser gelingt oder mir die anziehende Hingebung des Weibes. Aber weißt Du wohl, daß dieses süße Spiel für mich noch ganz andre Reize hat als seine eignen? Es ist auch nicht bloß die Wollust der Ermattung oder das Vorgefühl der Rache. Ich sehe hier eine wunderbare, sinn­reich bedeutende Allegorie auf die Vollendung des Männlichen und Weiblichen zur vollen ganzen Menschheit.“ (Derks, S. 219)

   



[1]     Die Seitenzahlen in runden Klammern beziehen sich auf folgenden Text: J. Edgar Bauer: Der Tod Adams. Geschichtsphiloso­phische Thesen zur Sexualemanzipation im Werk Magnus Hirschfelds, in: 100 Jahre Schwulenbewegung. Ausgew. u. hrsg. von Manfred Herzer, Berlin 1998, S. 15-45.

[2]     M. Hirschfeld, Geschlechts-Übergänge, Leipzig 1905, S. 4; hier zitiert nach der textidentischen 2. Auflage 1913.

[3]     M. Hirschfeld, Die intersexuelle Konstitution, in: Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen, Jg. 23, 1923, S. 24.

[4]     M. Hirschfeld, Die intersexuelle Konstitution, in: Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen, Jg. 23, 1923, S. 10.

[5]     M. Hirschfeld, Die intersexuelle Konstitution, in: Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen, Jg. 23, 1923, S. 6.

[6]     Vielleicht ist Hirschfelds Wahl der Ausdrucks „Fiktion“ in seinem Vortrag vor Naturwissenschaftlern und Medizinern der Berliner Uni­ver­sität eine Reverenz gegenüber dem in diesen Kreisen damals sehr populären Werk des Neukantianers Hans Vaihinger Die Philosophie des Als ob (1911). „Er führt aus, daß es in unserer Denktätigkeit reichlich Annahmen gibt, deren Grundlosigkeit, ja deren Absurdität wir voll ein­sehen. Sie werden Fiktionen geheißen, aber aus mannigfachen praktischen Motiven müßten wir uns so benehmen, ,als ob‘ wir an diese Fiktionen glaubten. Dies treffe für die religiösen Lehren wegen ihrer Wichtigkeit für die Aufrechterhaltung der menschlichen Gesellschaft zu [...] Ich erinnere mich an eines meiner Kinder, das sich frühzeitig durch eine besondere Betonung der Sachlichkeit auszeichnete. Wenn den Kindern ein Märchen erzählt wurde, dem sie andächtig lauschten, kam er hinzu und fragte: Ist das eine wahre Geschichte? Nachdem man es verneint hatte, zog er mit einer geringschätzigen Miene ab. Es steht zu erwarten, daß sich die Menschen gegen die religiösen Märchen bald ähnlich benehmen werden, trotz der Fürsprache des ,Als ob‘.“ (S. Freud, Die Zukunft einer Illusion, 1927) Vielleicht hoffte Hirschfeld kraft seines Glaubens an Vernunft und Aufklärung, daß sich die Menschen auch gegen die Märchen von Mann und Frau bald ähnlich benehmen werden.

[7]     Stirner hat sein Buch Der Einzige und sein Eigentum „Meinem Liebchen Marie Dähnhardt“ gewidmet...

[8]     Das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED übersetzte: „Mit Notwendigkeit jedoch unterscheidet sich jede beliebige Monade von jeder anderen; denn niemals gibt es in der Natur zwei Wesen, die miteinander gänzlich übereinstimmen.“ (Marx/Engels Werke, Band 3, Berlin 1969, S. 428.)

[9]     K. Marx u. F. Engels, Die deutsche Ideologie, in: Marx/Engels Werke, Band 3, Berlin 1969, S. 427 f.

[10]   F. Engels, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates, 11. Auflage, Berlin 1973, S. 66.

[11]   G. Heinsohn u. R. Knieper, Theorie des Familienrechts, Frankfurt am Main 1974, S. 166 ff.

[12]   G.Lukács, Die Zerstörung der Vernunft. Berlin 1955, S. 234 f.

[13]   Hier zitiert aus der Fassung von 1950, in: K. Hiller, Köpfe und Tröpfe, Hamburg und Stuttgart 1950, S. 257 unter dem Titel „Der Sinn eines Lebens. In memoriam Magnus Hirschfeld (zugleich dem Andenken meines Freundes Richard Linsert, 1899-1933“.

[14]   Für Magnus Hirschfeld zu seinem 60. Geburtstag ... hrsg. von Richard Linsert und Kurt Hiller, Berlin 1928, S. 4 und 11.

[15]   M. Hirschfeld, Phantom Rasse, 11. Fortsetzung, in: Die Wahrheit (Prag), Jg. 14, 1935, Nr. 5, S. 8.

[16]   M. Hirschfeld, Geschlechtskunde, Band 3, Stuttgart 1930, S. 261 f.

[17]   Die Reichstagsrede ist unter anderem im Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen, Jg. 1, 1899, S. 275 f. abgedruckt; dort auch auf S. 269 ff. der nachträglich hinzugefügte Anhang zur Petition „Christentum und Homosexualität“, das mehrere gutachterliche Stellungnahmen von Theologen und Geistlichen enthält, die Pastor Schalls Ansicht widerlegen sollen.

[18]   M. Hirschfeld, Sappho und Sokrates, Leipzig 1896, S. 15.

[19]   M. Hirschfeld, Die Homosexualität des Mannes und des Weibes, Berlin 1914, S. 523 f.

[20]   M. Hirschfeld, Vom Wesen der Liebe, in: Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen, Jg. 8, 1906, S. 132 f.

[21]   Hirschfelds 2. Genogenetisches Gesetz lautet: „Alle Geschlechtsmerkmale beruhen auf einer verschieden star­ken Ent­wicklung einer einheitlichen Anlage, sind demnach quantitative (graduelle).“ (Geschlechtsübergänge, 2. Aufl. 1913, S. 18)

[22]   Zitiert nach: M. Hirschfeld, Geschlechtskunde, Band 2, Stuttgart 1928, S. 33. Der Text Schopenhauers ist übrigens zuletzt mit einem Kommentar von Udo Schüklenk unter dem Titel „Metaphysik der Päderastie“ abgedruckt in: Capri [Nr. 5] Dezember 1988, S. 3-21.

[23]   P. Derks, Die Schande der heiligen Päderastie, Berlin 1990, S. 379 ff..

[24]   F.W.B. v. Ramdohr, Venus Urania, Band 1, Leipzig 1798, S. 203; (Hervorhebungen von Ramdohr).

[25]   P. Derks, Die Schande der heiligen Päderastie, Berlin 1990.

[26]   P. Kluckhohn, Die Auffassung der Liebe in der Literatur des 18. Jahrhunderts und in der deutschen Romantik, 2. Aufl., Halle 1931.