J. Edgar Bauer

Magnus Hirschfelds »Zwischenstufenlehre« und die

»Zwischenstufentheorie« seiner Interpreten
Notizen über eine rezeptionsgeschichtliche Konfusion.


Ursprünglich erschienen in: Capri. Herausgegeben vom Schwulen Museum.
Redaktion: Manfred Herzer.  Berlin: No. 35, April 2004, S. 36-44.
Hier verfügbar gemacht mit Genehmigung des Autors.

 

»Le départ de cette réflexion était le plus souvent un sentiment d’impatience devant le ›naturel‹ […], je souffrais de voir à tout moment confondues dans le récit de notre actualité, Nature et Histoire, et je voulais ressaisir dans l’exposition décorative de ce-qui-va-de-soi, l’abus idéologique qui, à mon sens, s’y trouve caché.«

     Roland Barthes: Mythologies, Paris 1957, S. 1

»[...] l’art d’employer les Transitions est l’art majeur du calcul harmonien [...]«

     Roland Barthes: Sade, Fourier, Loyola. Paris 1971, S. 112

 

 

1. Ende 2003 erschien der von Andreas Seeck herausgegebene Band Durch Wissenschaft zur Ge­rechtigkeit? Textsammlung zur kritischen Rezeption des Schaf­fens von Magnus Hirsch­feld.[1]  Unter den zweiundzwanzig Bei­trägen des Bandes, die aus­nahms­los zwischen 1983 und 2002 er­schienen sind, wurde der Essay »Der Tod Adams. Geschichtsphi­lo­so­phische Thesen zur Sexual­emanzipation im Werk Magnus Hirschfeld« aufgenommen[2], den Manfred Herzer 1998 als Teil der Dokumentation einer Vortrags­reihe in der Berliner Akademie der Künste zum Thema 100 Jahre Schwulenbewegung herausge­ge­ben hatte.[3] Da der Verfasser fol­gender Notizen mit dem erwähn­ten Essay zum Zustandekommen von Seecks Textsammlung beige­tragen hat, ist er nicht dazu beru­fen, den Band zu rezensieren. Im folgenden geht es darum nicht um eine Buchbesprechung, sondern ausschließlich um die kritische Be­leuchtung einiger von Seeck und anderen Autoren des Bandes vertretener Ansichten und The­sen, die Hirschfelds »Lehre der sexuellen Zwischenstufen« be­tref­fen. Davon ausgehend, dass diese Lehre ein Kernstück von Hirschfelds Schaffen konstituiert, versucht Seeck in einem beson­de­ren Kapitel seiner »Einfüh­rung«, das den Titel »Historische Bedeu­tung der Zwischenstufentheorie« trägt, den Verlauf der Rezeption dieses Aspektes des Hirsch­feld­schen Œuvres zu skizzieren. Ob­wohl eine besondere heraus­gebe­rische Sorgfalt bei derartigen Ein­führungen zu erwarten wäre, sind Seecks einleitende Anmerkungen bezüglich der Zwischenstufen­lehre leider weit davon entfernt, eine sachgemäße Perspektive auf die bisherigen Forschungsergeb­nisse zu bieten. Wie die folgen­den Ausführungen zeigen wer­den, gilt dies insbesondere für Seecks Darlegung derjenigen Deutung von Hirschfelds Lehre, welche in »Der Tod Adams« vorgelegt wurde.

2. Für jeden aufmerksamen Leser Hirschfelds ist auffallend, dass in der »Einführung« des Bandes »Zwi­schenstufenlehre« und »Zwi­schenstufentheorie« als aus­tausch­bare Begriffe verwendet werden, um die zentrale Doktrin der Hirschfeldschen Geschlechts­kunde zu benennen.[4] Dieser Re­kurs auf eine scheinbar belang­lose Begriffssubstitution erweist sich als semantisch relevant, wenn man bedenkt, dass Hirsch­feld sich explizit gegen die Be­zeichnung seiner Lehre als »Zwi­schenstufentheorie« ausgespro­chen hatte[5] und dass Seeck sich der Haltung Hirschfelds durchaus bewusst war. So verweist Seeck gleich bei der ersten Erwähnung des Terminus »Zwischenstufen­lehre« in einer Fußnote ausdrück­lich darauf, dass »Hirschfeld selbst [...] den Begriff ›Zwi­schen­stufentheorie‹ abgelehnt [hatte]«[6], mit der Begründung, dass »es sich seines Erachtens nicht um eine Theorie, sondern nur um ein Einordnungsprinzip handelte [und dass] er in seiner Lehre nicht ›bloß eine Theorie‹ [...], sondern [...] die Beschrei­bung von Erschei­nungen[,] die seit den Ursprüngen menschlicher Kultur überliefert wurden, [sah].«[7]  Nach­dem Seeck ange­führt hat, dass und warum Hirsch­feld die Bezeichnung »Zwischen­stufen­theorie« zurückwies, fügt er den Satz hinzu: »In der Rezeption hat sich der ›Zwischenstufen­theo­rie‹ bzw. ›-lehre‹ jedoch durch­gesetzt« [sic!], gefolgt von einem bibliografischen Hinweis auf »Hirschfeld 1926: 548«.[8] Damit deutet Seeck einen gewissen Ge­gensatz seines terminolo­gischen Oszillierens zur begrifflichen Fest­legung Hirschfelds an und lässt zugleich seine Ansicht er­kennen, dass die undifferen­zierte Verwendung von »Lehre« und »Theorie« mit Hinblick auf die Rezeptionsgeschichte für gerecht­fertigt zu betrachten ist. Seeck ent­scheidet sich also gegen Hirsch­felds differenzierende Wortwahl und für den von der Rezeption sanktionierten Usus, der Hirschfelds ausdrücklichen Begriffsbestimmungen wider­spricht. Dass mit seiner Hörigkeit gegenüber der Rezeptions­geschich­te sachlich vermengt wird, was Hirschfeld strikt aus­ein­anderhalten wollte, nimmt Seeck offensichtlich gern in Kauf.  Warum Seeck sich an der Stelle so desinteressiert an begrifflicher Klarheit und kritischer Sachlich­keit zeigt, wird im folgenden noch zu klären sein.

3. Die Entschlüsselung des bibli­o­grafischen Hinweises »Hirsch­feld 1926: 548« wird zunächst deswe­gen erschwert, weil der ent­spre­chende Titel in der Litera­tur­liste der »Einführung« offen­sicht­lich aus Versehen nicht angeführt wur­de. Da aber dort sonst Band 2, 3 und 5 von Hirschfelds »Ge­schlechtskunde« erwähnt werden, ist anzunehmen, dass die fehlende Angabe auf Band 1 von Hirsch­felds magnum opus hätte ver­wei­sen sollen, der 1926 erschienen ist. Auf Seite 548 befindet sich tatsächlich der von Seeck refe­rier­te Text, in dem Hirschfeld den Begriff »Zwischenstufentheorie« ablehnt. Diese Ausführungen werden in einer späteren Passage umfassender begründet und erläu­tert, in der Hirschfeld, von der Feststellung ausgehend, dass »[d]ie Zahl der denkbaren und tatsächlichen Sexualtypen [...] unendlich [ist]«[9], auf den Sach­ver­halt verweist, dass »wir mit den sexuellen Zwischenstufen als einem unumstößlichen Natur­gesetz und einer weitverbreiteten und bedeutsamen Naturer­schei­nung zu rechnen haben.«[10] In die­sem Zusammenhang macht Hirsch­feld gegenüber August Forel und Iwan Bloch, die ihm im Jahre 1904 bzw. 1906 die Auf­stel­lung einer »Zwischen­stufen­theorie« zugeschrieben hatten, geltend, »daß die Lehre von den sexuellen Zwischenstufen über­haupt keine eigentliche Theorie ist, sondern nichts anderes als ein Einteilungssystem, das bekannte und verwandte Phänomene me­tho­disch ordnen will.«[11] Hirsch­feld zufolge könnte von einer »Zwischen­stufentheorie« erst dann die Rede sein, wenn »eine Theorie aufgestellt wird, welche das Vorhandensein und die Häu­figkeit [der sexuellen] Mischfor­men zu erklären sucht.«[12] Vor diesem Hintergrund wird deut­lich, dass Seecks synonyme Ver­wendung von »Lehre« und »The­o­rie« in Befolgung des re­zepti­onsgeschichtlichen Kon­senses eine zu vermeidende Am­bi­valenz im Verständnis des epistemolo­gischen Status von Hirschfelds Doktrin herbeiführt. An dem sys­tematischen Ort, an dem Hirsch­feld zwischen Einordnungs­prin­zip und Erklärung begrifflich und terminologisch unterscheidet, ver­mengt Seeck die wissenschaft­li­che Zielsetzung von »Lehre« und »Theorie«, wenn er den Theorie-Begriff verwendet, um das zu be­nennen, was keine Er­klärung ab­zu­geben vermag und darum von Hirschfeld als »Lehre« bezeichnet wurde. Damit setzt Seeck in der Konsequenz die sprachliche und sachliche Konfu­sion fort, die die Rezeption des Kerns von Hirsch­felds Sexual­systematik charakterisiert.

4. Als Herausgeber der Text­samm­lung muss Seeck ge­nau­es­tens sowohl über die Deutung der Zwischenstufen­lehre, die der Ver­fasser in »Der Tod Adams« ver­trat, als auch über die Debatte in­formiert sein, die Manfred Herzer 1998 mit seiner ersten Replik[13] auf  diese Schrift initiierte[14] und in deren Verlauf  die Frage nach Stellenwert und Tragweite der Zwischenstufenlehre des öfteren erörtert wurde. Darüber hinaus war Herzers Einschätzung  von »J. Edgar Bauers Neuinter­pre­ta­tion der Hirschfeldschen Zwi­schenstufenlehre«[15] in der zwei­ten Auflage seiner Hirschfeld-Biografie Seeck durchaus be­kannt, da er  dieses Buch als »das deutschsprachige bio­graphische Standardwerk«[16] bezeichnet. Auch wenn Herzer mehrere Aspek­­te der vom Verfasser ver­tretenen Hirschfeld-Deutung zu invalidieren versucht hat, gibt er offen zu, dass es sich bei der Zwi­schenstufenlehre um ein zentrales Thema der Hirschfeld-Forschung handelt, und verweist in seiner vor kurzem erschienenen dritten Replik darauf, dass: »Bauer [...] sich, meiner Meinung nach, mit seiner Hirschfeld-Deutung, die er seit 1997 in mehreren Anläufen unternimmt, insofern ein unbe­zweifelbares Verdienst erworben [hat], als er in der Lehre von den sexuellen Zwischenstufen Hirsch­felds bedeutendste wissenschaft­liche Leistung erkannt und die­selbe zu rekonstruieren ver­sucht hat.«[17] Der Kern dieser Deutung wurde bereits in »Der Tod Adams« folgendermaßen formuliert:

»Dass Hirschfeld seine Zwi­schen­stufen­lehre nicht als ›Ursachen­er­klä­rung‹ und damit nicht als ›Theorie‹ ansah, ist unbe­strit­ten. Dies im­pli­ziert aber nicht den von Herzer angenommenen ›ein­ge­schränkten Sta­tus‹ der Leh­re. Im Gegenteil. Ihre Unver­zicht­bar­keit für Hirschfelds Sexual­wis­sen­schaft erweist sich in der Tat­sa­che, dass sie keine erklä­ren­de Theorie darstellt, sondern eine Art fundamentum incon­cussum in sexua­libus bietet, von dem mögliche re­gio­nale Sexual­the­o­rien auszu­gehen ha­ben. Erst auf der Basis dieser Lehre wird er­sichtlich, dass der Mensch nicht nur als ›Kul­tur­we­­­­­sen‹, sondern schon als ›Naturwesen‹ eigentlich ›unnatürlich‹ im gän­gi­gen Sinne ist. Der Zu­­gang zu dieser Sexual­wahrheit bedarf keiner Theo­rie­bildung, son­dern nur der adäqua­ten Be­­­obachtung und Be­schrei­bung menschlicher Se­xuiertheit, wie sie tatsächlich vorkommt. Dass der angebliche ›Mann‹ oder die an­geb­li­che ›Frau‹ nicht nur Mann bzw. Frau sind, kann fest­gestellt werden, in­dem man von der physiologischen Kon­sti­tu­tion eines jeden Men­schen ausgeht. Dass erst auf diesem Fundament nicht nur Hirschfelds mehr oder weniger ge­lun­gene Regional­theo­rien der Sexualität, son­dern auch und vor allem die Pro­gram­matik seiner Sexu­al­eman­zipa­tion ste­hen, ist das, was Hirsch­felds Kritiker mit fast systematischer Kon­se­­quenz über­sehen.«[18]

Obwohl der Verfasser in Ent­spre­chung zu Hirschfelds Differen­zie­rung von »Lehre« und »Theorie« terminologisch nur den Begriff »Zwischenstufenlehre« verwen­det, ist es bezeichnend, dass Seeck ihm unterstellt, auf Hirsch­felds »Zwischenstufen­theorie« Bezug genommen zu haben. So behauptet Seeck, dass nach An­sicht des Verfassers »Hirsch­feld mit seiner Zwischenstufen­theorie [...] den in Christentum, Judentum und Islam verankerten Geschlechtsdimorphismus unter­gräbt [...]«[19]. Seecks Wortwahl zeigt an der Stelle, wie weit er zu gehen bereit ist, um die begriff­li­che Vermengung, die die Hirsch­feld-Rezeption beherrscht, nicht aufdecken zu müssen.

5. Die begriffliche Undifferen­ziert­heit, die Seecks Ausführun­gen charakterisiert, lässt sich auch bei anderen Autoren der Text­sammlung feststellen. Während Gunter Schmidt[20] und Günter Grau[21] in ihren Beiträgen vom Jahr 1984 bzw. 1989 die Ver­wen­dung des Terminus »Zwischen­stufentheorie« nicht einmal zu rechtfertigen suchen, erscheint der fragliche Begriff sogar als Kapitelüberschrift[22] in Gesa Lindemanns Aufsatz vom Jahre 1993 zu Hirschfelds Person und Werk. Auch in den rezenteren Beiträgen von Andreas Pretzel (2000)[23] und Rainer Herrn (2002)[24] wird der Ausdruck be­denkenlos eingesetzt. Seeck, der die Textsammlung mit einem eige­nen Aufsatz vom Jahre 1998 bereichert hat, erwähnt  auch dort Hirschfelds »Geschlechtertheorie, [die] ›Zwischenstufentheorie‹«[25] und merkt in einer Fußnote an: »Zur Zwischenstufentheorie siehe insbes. Herrn (i.V.).«[26] Was Herrn zu dem Thema zu sagen hat, kann leider nicht zur Kennt­nis genommen werden, weil sein Text eben »in Vorbereitung« sich befindet. Es ist aber bezeichnend, dass Herrn im Kapitel »Ge­schlech­ter und Zwischenstufen« seines Aufsatzes von 2002 sich mit relativer Ausführlichkeit zur Frage der »Zwischenstufen­theo­rie« äußert, ohne dabei ein einzi­ges Mal zu erwähnen, dass es ge­wichtige wissenschaftstheo­reti­sche Gründe gibt, weswegen Hirsch­feld in dem Zusam­men­hang von »Lehre« und nicht von »Theorie« schrieb. Unter diesen Umständen ist es dann um so erstaunlicher, wenn Herrn kritisch an­merkt:  »In ihrem umfassenden Sinne wurde sie [d.h. die »Zwi­schenstufentheorie«] nicht als Vorschlag der Neudeutung von Geschlechtlichkeit rezipiert, sondern nur fragmentarisch als Theorie der Erklärung der Homo­sexualität.«[27]  In Anbetracht der Tatsache, dass nach Hirschfeld die Zwischenstufenlehre keine »Erklärungen« zu bieten hat, ist nicht auszumachen, warum Herrn meint, dass die Zwischenstufen­lehre, die er an der Stelle »Zwi­schenstufentheorie« nennt, vor­wie­gend als eine »Erklärung der Homosexualität« verstanden wurde. Herrn übersieht, dass die bei Hirschfeld zweifelsohne vor­handenen Erklärungen der Homo­sexualität[28] im strengen Sinne kein Bestandteil der Zwischen­stufen­lehre sind, denn jede »er­klä­rende« Theorie – d.h. auch die »Zwischenstufentheorie« – ent­behrt des fundamentalen episte­mologischen Status der Zwi­schen­stufenlehre als Einteilungs­prinzip des Sexuellen. Erst unter Berücksichtigung von Hirschfelds terminologischer und sachlicher Grenzziehung kann die eigent­liche Tragweite der Nicht-Rezep­tion seiner eigentlichen Lehre er­messen werden. Denn die essen­tielle  Einschränkung, dass die Zwischenstufenlehre nichts er­klärt, sondern nur das Gebiet des Sexuellen »ein-teilt«, ist die Be­din­gung für die Aufrecht­erhal­tung ihres Status als funda­men­tum inconcussum in sexualibus, das einen Paradig­men­wechsel vom binären Schema sexueller Distribution hin zur Aufstellung potentiell unerschöpflicher Geschlechter herbeiführt.

6. Im Kapitel »Historische Be­deu­tung der Zwischenstufen­theorie« seiner »Einführung« verweist Seeck – nach einem kurzen rezeptionsgeschichtlichen Überblick – auf die Interpretatio­nen der »Lehre« Hirschfelds, die von Rainer Herrn, Gesa Linde­mann und J. Edgar Bauer vorge­tragen wurden. Im Kontrast zu der kurzen Besprechung  der zwei erstgenannten Autoren, fallen Seecks Ausführungen über die in »Der Tod Adams« vorgetragene Deutung der Zwischenstufenlehre sowie über tatsächlich vorge­brachte oder mögliche Einwände gegen diese Interpretation relativ ausführlich aus. In diesem Zu­sam­menhang referiert Seeck einiges über die erste Replik Manfred Herzers und weist dann darauf hin, dass die damit begon­nene Debatte zwischen Herzer und dem Verfasser in den »Mit­teilungen der Magnus Hirschfeld Gesellschaft« fortgesetzt wurde. Auch wenn Seeck auf diese noch andauernde Debatte – zumindest pro forma – verweist,[29] vermeidet er sonst jeglichen sachlichen Be­zug darauf und beschränkt sich im rezeptionsgeschichtlichen Vor­­spann des Kapitels auf eine leider mangelhafte Darlegung der Zwischenstufenlehre. So erläutert Seeck beispielsweise die vorgeb­lich von Hirschfeld vertretene »Zwischenstufentheorie« zuerst dahingehend, dass »der Mensch nicht Mann oder Frau, sondern Mann und Frau sei«,[30] um kurz darauf zu behaupten, dass »der ›Vollmann‹ mit ausschließlich männlichen sowie das ›Vollweib‹ mit ausschließlich weiblichen Ei­genschaften [...] als seltene Ereignisse [erscheinen].«[31] An der Stelle lässt Seeck völlig außer acht, dass solche »Ereignisse« –wie in »Der Tod Adams« ausge­führt –[32] aus der Sicht der Zwi­schenstufenlehre im strengen Sinne nicht selten, sondern unmöglich sind.

7. In diesem terminologisch und sachlich verworrenen und ver­wir­renden Rahmen erwähnt Seeck zunächst die These des Verfassers über die von Hirsch­feld herbei­ge­führte Auflösung des seit der bibli­schen Offenbarung norma­tiven Sexualdimorphismus und den damit implizierten, epo­cha­len Paradigmenwechsel im abendlän­dischen Verständnis der mensch­lichen Sexualbestimmung. Seeck verweist auch darauf, dass der Verfasser »einen Bezug zu [der amerikanischen Trans­gen­deristin] Leslie Feinberg [sieht]« und zudem die Ansicht vertritt, dass »[d]ie von Feinberg dis­ku­tier­te Problematik [...] Hirsch­feld be­reits vorwegge­nommen [habe].«[33]  Mit diesen Sätzen will Seeck offenbar die These um­schreiben, dass das Gemeinsame zwischen Hirschfeld und Feinberg darin zu sehen ist, dass sie sich letztlich für den Verzicht auf die katego­ri­ellen Fiktionen bei der ge­schlecht­lichen Identitätsbestim­mung ausgesprochen haben. Dabei verschweigt oder übersieht  Seeck gänzlich, dass der eigent­liche terminus ad quem der Studie »Der Tod Adams« im Nachweis besteht, dass Hirschfeld die bi­nä­re Sexualdistribution zu Guns­ten der Lehre der potentiell un­end­lichen Geschlechter aufhob. Der Weg zu dieser Aufhebung führt über die Aufstellung des »Not­be­helfs« eines dritten Ge­schlechts, das auf Grund seines provisori­schen Charakters Hirsch­­feld stets als eine »Fiktion« betrachtete.[34]  Aus der Sicht Hirschfelds konnte eine solche Sexualfiktion ihre auf­lösende Funktion nur dann er­füllen, wenn das dritte Geschlecht zu keiner abgeschlossenen Sexu­alidentität wird, mit deren Hilfe ein zwar erweitertes, aber letzt­lich geschlossenes System der se­xuellen Distribution aufzustel­len wäre. Im Hirschfeldschen Kon­text wird das dritte Ge­schlecht darum zu einem provi­so­rischen ersten Glied einer idea­li­ter unab­schließbaren Reihe von Sexual­möglichkeiten jenseits des Ge­schlechtsbinarismus, in der je­dem Individuum eine eigene, un­wie­derholbare Sexualität zu­kommt. Das sachgemäße Begrei­fen dieser Einsichten wäre eine unabding­ba­re Voraussetzung dafür gewe­sen, die Bedeutung von »Der Tod Adams« in der Geschichte der Hirschfeld-Rezeption würdigen zu können.

8. Der erste Teil des Absatzes, in dem Seeck Herzers Re­plik auf »Der Tod Adams« refe­riert, nimmt offensichtlich auf die vor­angehende Passage Bezug, in der das Thema der Aufhebung der »Fiktionen« durch Hirsch­felds Pa­radigmenwechsel behan­delt wird. Vor diesem Hinter­grund erwähnt Seeck Herzers An­sicht, dass die Zwischenstu­fen­leh­re »weitaus weniger epo­chal«[35] sei, als der Verfasser meint, und führt aus: »Spätestens seit der Roman­tik habe sich im liberalen deut­schen Bildungs­bürgertum die Vor­­stellung immer weiter ausge­breitet, daß die Per­sönlichkeit aller Männer und Frauen körper­li­che seelische An­teile des jeweils anderen Ge­schlechts enthalten würden.«[36]  Im Übrigen scheint Seeck die Einschätzung des Ver­fassers deswegen als endgültig widerlegt zu betrachten, weil Hirschfeld selbst auf die Vorläu­fer der Zwi­schenstufenlehre ver­wies und weil Herzer seinen Ein­wand zu­sätzlich »mit den Bei­spielen Ulrichs, Schopenhauer und Ramdohr«[37] belegte. An dieser Stelle sei zunächst nur auf den formellen Sachverhalt auf­merk­sam gemacht, dass Seeck seine inhaltliche Darstellung der Aus­einandersetzung zwischen Herzer und dem Verfasser mit der ersten Replik Herzers beendet und darum die zwei Erwiderun­gen des Verfassers auf Herzers Kritiken außer acht lässt. Die »Einfüh­rung« erweckt somit den Ein­druck, als würden die Einwän­de, die Herzer in seinem Text vor­bringt, den status quaestionis im Jahre 2003 widerspiegeln.

9. Seecks flüchtiger Verweis auf die Fortsetzung der erwähnten Debatte in den »Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft« kann keinen Ersatz für die feh­lende Berücksichtigung der Er­geb­nisse bieten, die dank dieser Diskussion  bis zum Erscheinen des Sammelbandes erzielt wur­den. Da Seecks Einführung mit »August 2003« datiert wurde, ist davon auszugehen, dass er sich be­wusst dafür entschieden hat, die Inhalte der fortgesetzten De­bat­te zwischen 1999 und 2002 zu ignorieren und damit sich dem Vor­wurf auszusetzen, bei der Dar­­stellung und Bestandsauf­nah­me der Rezeptionsgeschichte Hirschfelds unseriös und einseitig verfahren zu sein. Darüber hinaus ist es bezeichnend, dass Seeck als parti pris in eine Diskussion ein­greift, die er auf Grund der von ihm zu erwartenden heraus­gebe­ri­schen Zurückhaltung nur refe­rie­ren sollte. Diese Überschreitung seiner Kompetenzen als Heraus­geber kommt deutlich zum Aus­druck, wenn er schreibt: »Ein weiterer Punkt, der gegen Bauers Sichtweise spricht, wurde auch in anderen Aufsätzen angesprochen [...]«[38], und dann auf drei der im Band abgedruckten Beiträge ver­weist. Da keiner dieser Autoren in ihren Aufsätzen[39] auf die Deu­tung des Verfassers eingegangen ist, muss man mit Erstaunen fest­stellen, dass Seeck als Autor der Einführung erst nachträglich aus den drei Texten des Bandes gern Argumente ableiten möchte, die seiner Meinung nach gegen die in »Der Tod Adams« vertretene Inter­pretation angeführt werden könnten. Nachdem Seeck also die vom Verfasser in zwei Erwi­de­run­gen vorgetragenen Präzi­sie­run­gen verschwiegen hat, mit denen Herzers Einwände ent­kräf­tet wurden, versucht er eine argumen­tative Front aus Texten zu konstruieren, in denen – aus welchen Gründen auch immer – die Thesen des Verfassers nicht zur Debatte standen.

10. Hätte Seeck die Erwiderung des Verfassers von 1999 auf Herzers Einwände inhaltlich berücksichtigt, so wäre er dazu ge­zwungen, auf die Frage einzugehen, warum Hirschfelds Zwi­schenstufenlehre im strengen Sinne eines Einteilungsprinzips tatsächlich ein Novum in der Sexu­­alitätsgeschichte konstituiert, und zwar unbeschadet der wis­sen­schaftstheoretischen Selbst­verständlichkeit, dass diese Lehre nicht ab ovo entstanden ist. Da Herzer in seiner ersten Replik vor allem danach bestrebt war, die Verfechter des dritten Ge­schlechts vor Hirschfeld als »Vor­läufer« der Zwischen­stu­fen­lehre auszuweisen, nimmt es nicht wunder, dass Seeck an Her­zers Beteuerungen festhalten will, als ob es sich dabei um verbürgte geistesgeschichtliche Erkennt­nis­se handeln würde. Die Annahme solcher »Vorläufer« erleichtert zweifelsohne Seecks Vorhaben, Homosexualitätstheorien und Zwischenstufenlehre in einen so engen Kausalzusammenhang zu bringen, dass ein unkonturiertes Gebilde plausibel gemacht wer­den soll, welches – ganz im Sinne von Seeck und seinen Mitstreitern – sowohl »Zwischenstufenlehre« als auch »Zwischenstufentheorie« genannt werden kann. Da die Ge­genargumente, die der Ver­fasser in »Über Hirschfelds Anspruch. Eine Klarstellung« vortrug[40], hier nicht wiederholt werden können, sei lediglich daran erinnert, dass schon in dieser ersten Erwiderung darauf hingewiesen wurde, dass »die Frage nach Hirschfelds Vor­läufern nur dann sinnvoll gestellt werden [kann], wenn man von der spezifischen Konfiguration seiner radikal verstandenen Zwi­schenstufenlehre ausgeht, welche als fundamentum inconcussum in sexualibus die biologische Be­gründbarkeit eines kritisch-eman­zipatorischen Entwurfes nach­weist, der einen prinzipiellen Bruch mit den bisherigen Vor­stel­lungen dessen vollzieht, was mit Bezug auf Sexualität als kulturell wünschenswert und realisierbar galt.«[41]  Dem entsprechend wurde in dieser »Klarstellung« zunächst gezeigt, dass der Versuch, die Konstruktionen eines dritten Ge­schlechts in der Romantik als Vor­formen der von ihnen in An­spruch und Fundiertheit so ver­schiedenen Zwischenstufenlehre Hirschfelds auszugeben, nicht haltbar ist. Da Herzers Exem­pli­fizierungen höchstens als Nach­weis dessen dienen können, dass bestimmte Autoren der Früh­ro­mantik eine vage Vorstellung des graduellen Sexualunterschiedes zwischen Menschen hatten, konn­te er damit keine genea­logi­sche Erklärung einer »Lehre« bieten, die letztlich darauf aus war, eine biologisch begründete und eman­zipatorisch motivierte Auflösung jeglicher kategorialer Subsump­tion sexuierter Individuen herbei­zuführen. Im Unterschied zu den mehr oder minder autobiografi­schen Hinweisen der frühroman­tischen Autoren auf ihre eigene geschlechtliche Komplexität stellt die Zwischenstufenlehre wissen­schaftlich nachvollziehbare Aus­sagen über die prinzipielle Sexu­alkonstitution des Menschen auf, die sich nicht in der Postulierung eines dritten Geschlechts er­schöp­fen, sondern zur Einsicht in die potentiell unendliche Variabi­lität der Geschlechter führen. Auch wenn Hirschfeld den vor ihm er­brachten sexualwissenschaft­li­chen Leistungen stets Anerken­nung und Dankbarkeit zollte, war er sich stets über die Tatsache im kla­ren, dass die Zwischenstufen­lehre ein naturwissenschaftliches und geistesgeschichtliches Novum darstellte. Wenn man die Logik der Rückdatierungen nach Herzerscher bzw. Seeckscher Art zu Ende denken würde, so müsste der fraglichen, weil banalen These zugestimmt werden, dass das platonische triton genos oder sanskritische tritja prakrit eine »Vorform« oder gar eine Vor­weg­nahme von Hirschfelds Lehre der allgemeinen Zwischenstufig­keit des Menschen darstellt.

11. Da die Frage nach einer mög­lichen Rückdatierung der Zwi­schenstufenlehre von der Deutung ihres Kerngehaltes abhängig ist, scheint es angebracht zu sein, die Einwände, die Seeck aus drei der in die Textsammlung aufge­nom­me­nen Aufsätze[42] ableitet und gegen Ende seiner »Einführung« formuliert, in diesem unmittelba­ren Zusammenhang zu behan­deln. Gegen die vom Verfasser vorgetragene Interpretation der Zwischenstufenlehre spricht nach Ansicht Seecks folgender »Punkt«: »In der Zwischen­stufen­theorie werden bei aller Vielfalt und Buntheit der dort beschrie­benen Erscheinungsformen die gesellschaftlichen  Zuordnungen von ›männlich‹ und ›weiblich‹ nicht außer Kraft gesetzt, sondern verfeinert, biologisch begründet und fortgeschrieben.«[43] Versteht Seeck unter »Zwischenstufen­the­o­rie« eigentlich »Zwischenstufen­lehre«, so muss er daran erinnert werden, dass diese Lehre eine Enthypostasierung der Kate­go­rien von »Mann« und »Frau« voll­zieht, indem sie anstatt der zwei sich gegenseitig ausschlie­ßenden Geschlechter eine uner­schöpf­li­che Vielfalt von Sexual­konstitu­tionen postuliert, die jeweils aus der individuellen Be­stim­mung der verschiedenen, von einander ab­weichenden Be­schrei­bungsebe­nen des Sexuellen resul­tieren. Die Erfassung dieser Ebenen erfolgt mittels der Kate­gorien des Männ­lichen und des Weiblichen, wel­che nie isoliert, sondern stets als miteinander verbundene Mo­men­te auftreten, die die jeweils un­ter­schiedliche Zwischenstufigkeit eines jeden sexuierten Indivi­duums prägen und somit dessen Einordnung im sexuellen Konti­nu­um ermögli­chen. Über die Auf­lösung der Fiktionen von Mann und Frau hinaus führt Hirschfelds Lehre also zu der Einsicht, dass die in verschiedentlich propor­ti­o­nierter Verbindung miteinander in Er­scheinung tretenden Ge­schlechts­­qualitäten des »Männli­chen« und des »Weiblichen« zu Bestand­teilen einer Kombinatorik von  poten­tiell unendlicher Vari­a­bilität werden, welche das her­kömmli­che, binär konzipierte Sexual­mus­ter nicht fortschreibt, sondern aufhebt. Inwiefern diese funda­mentalen Aspekte der Zwi­schen­stufenlehre Hirschfelds in den verschiedenen Gebieten sei­ner sexologischen Theoriebil­dung zum Zuge kommen, muss jeweils analysiert und beurteilt werden. Prinzipiell muss jedoch klar­ge­macht werden, dass die Tatsache, dass die von Hirschfeld erar­bei­teten theoretischen Felder nicht immer in Entsprechung zu den grundlegenden Einsichten der Zwischenstufenlehre gestaltet wurden, keine Invalidation der Lehre impliziert. Daraus kann nur auf die wissenschaftlichen und politischen Hürden gefolgert wer­den, welche entstehen, wenn eine weitgehend nach traditio­nel­len Paradigmen aufgestellte, systema­tische Disziplin auf ein neues wissenschaftliches Fundament gesetzt wird.

12. Im Lichte von Hirschfelds grundlegender Umgestaltung des sexualdistributiven Schemas wird erneut deutlich, zu welchen gravierenden Konsequenzen die Differenzierungsdefizite vieler der im Sammelband Seecks ver­tretenen Autoren führen. Bezeich­nenderweise macht  Seeck auf eine Passage im Beitrag von Chris­tina von Braun aufmerksam, die vorgeblich gegen das vom Verfasser vertretene Verständnis der Zwischenstufenlehre spricht. An der Stelle, auf die Seeck ver­weist, schreibt die Autorin: »Auf der anderen Seite setzten sich die Pioniere der Sexualwissenschaft aber auch für die Bewahrung der sexuellen Differenz ein. Hirsch­feld verkündete zwar die Theorie von den ›sexuellen Zwischen­stufen‹, sprach jedoch von ›weib­lichen‹ Verhaltensmustern bei Männern und ›männlichen‹ Ver­haltensmustern bei Frauen, so als seien bestimmte Eigenschaften ein­deutig dem einen Geschlecht zuzuordnen, und er nahm be­kannt­lich schreckliche Eingriffe an den Körpern seiner Patienten vor (oder verordnete diese), um die Sexualordnung wieder­herzu­stellen.«[44] Da die Autorin genauso  unreflektiert wie Seeck von »Theorie« schreibt, wo von »Lehre« die Rede sein sollte, fällt es ihr offensichtlich schwer einzu­sehen, dass Hirschfeld qua Verfechter der Zwischen­stufen­lehre sich nicht für die Bewah­rung einer binär aufgefassten Sexualdifferenz, sondern für die Erkennung und Respektierung der Sexualdifferenzen einsetzte, die die einzigartige und darum un­wie­derholbare Sexualkonstitution eines jeden Menschen aus­ma­chen. Die Tatsache, dass Hirsch­feld qua Mediziner Entschei­dun­gen treffen musste, bei denen die aus der Zwischenstufenlehre ableitbaren Gesichtspunkte nicht die einzigen und möglicherweise nicht die ausschlaggebenden waren, darf nicht dahingehend ausgelegt werden, als wollte er sich für die Wiederherstellung der binären Sexualordnung einsetzen. Da die Autorin die Tragweite und Relevanz der von der Zwischen­stufenlehre vollzogenen Ent-hypos­tasierung der traditionell aufgefassten Geschlechter und deren simplizistischer Kombina­torik nicht erkennt, nimmt es nicht wunder, dass Seeck unter Rekurs auf ihre Ausführungen versucht, sich von einer ernst­haften Auseinandersetzung mit den Konsequenzen von Hirsch­felds Lehre zu dispensieren.

13. Nachdem Seeck die Haupt­thesen des Verfassers zu Hirsch­felds Zwischenstufenlehre so gründlich missverstanden hat, ist es kaum erstaunlich, dass er dann noch den Satz formuliert: 

»Lediglich wenn man die Theorie in eine bestimmte Richtung wei­ter­denkt – wie es Hirschfeld selbst nicht getan hat –, gelangt man zu dem Punkt, an welchem jegliche Kategorisierungen phy­sischer und psychischer Be­schaf­fenheiten in ›männlich‹ und ›weib­lich‹ und damit auch die Zwischenstufenlehre obsolet sind.«[45]

Seeck scheint davon auszugehen, dass der Verfasser Hirschfeld unterstellt, er habe seine eigene Zwischenstufenlehre dadurch obsolet gemacht, dass er sie »in eine bestimmte Richtung« weiter­dachte. Dem gegenüber ist klar­zustellen, dass der Verfasser nirgends behauptet hat, dass die Kategorien des Männlichen und des Weiblichen durch die Auf­stellung und das Zu-Ende-Denken der Zwischenstufenlehre obsolet geworden seien, sondern dass die Subsumption von Individuen unter eine von diesen sich gegen­seitig ausschließenden, unver­mischten Kategorien aus der Sicht der Zwischenstufenlehre nicht haltbar sei. Das »Weiter­denken« macht also weder die erwähnten Sexualkategorien noch die Zwischenstufenlehre über­flüssig, sondern erkennt im sexu­ierten Individuum die Gren­zen ihrer wissenschaftlichen Zustän­digkeit. Darum hat der Verfasser verschiedentlich darauf hinge­wie­sen, dass Hirschfeld, der die Fra­ge der Sexualindividualität stets vor Augen behielt, als Konse­quenz der Zwischenstufenlehre damit rechnete, dass es so viele Individuen wie Sexualitäten gibt, und dass die unverzichtbare Aufgabe der Sexualbestimmung eines Men­schen aus der Sicht der Zwischen­stufenlehre eine asymptotische Annäherung an die ihn prägende, individuelle Differenz ist. Das Asymptotische der Annäherung impliziert, dass die Aufgabe idealiter schon deswegen nicht abschließbar ist, weil kein Sub­sumptionsverfahren  in der Lage ist, die Individualität eines Men­schen kategorial zu erfassen. Dass wissenschaftliche Sexualkate­go­rien bzw. -begriffe auf Grenzen ihrer Anwendbarkeit stoßen, be­deutet freilich nicht, dass die Be­mühungen der Sexualwissenschaft an sich vergeblich sind. Auf diese wissenschaftstheoretischen Zu­sammenhänge wurde zuletzt  in der zweiten Erwiderung auf Man­fred Herzers Replik folgen­der­maßen hingewiesen:

»So ist es kein Zufall, dass Hirschfeld  dem ersten Teil seiner 1910 erschienenen Untersuchung über Die Transvestiten das  Motto voranstellt: ›Es gibt mehr Emp­fin­dungen und Erscheinun­gen als Worte.‹[46] Die Unsagbarkeit, auf die Hirschfeld aufmerksam macht, ist eine prinzipielle und betrifft unmittelbar die von ihm erkannten Grenzen, auf die seine Begriffsbildungen und Beschrei­bungsstrategien stoßen. Von daher ist die Sexualwissenschaft im Hirschfeldschen Sinne als eine asymptotische Annäherung an das sexuierte Individuum zu ver­ste­hen, das als solches sich jeder Ver­allgemeinerung stets entzieht und darum letztlich  a-logisch – d.h. un-aussprechlich – bleibt. Anzuerkennen, dass diese Di­men­sion in Hirschfelds Diskursi­vität stets berücksichtigt wird, führt also keineswegs zur Verneinung oder Verkennung  seiner  kompi­la­to­rischen und klassifikato­ri­schen Leistungen.«[47]

Wenig später wird dann im Hin­blick auf die Sexualvariabilität des Menschen präzisiert:

»Hirschfelds Lehre erkennt je­doch die Grenzen ihrer Zustän­digkeit – als Voraussetzung einer selbstkritischen Sexualwis­sen­schaft – in den  unwiederholbaren Individuen, deren Hervor­brin­gung letztendlich der biologi­schen Exuberanz  der Natur zu verdanken ist.«[48]

Es wäre sicherlich von Vorteil gewesen, wenn Seeck und dieje­nigen, die voreilig Einspruch gegen ein striktes Verständnis der Zwischenstufenlehre erheben, über solche Sachzusammenhänge vor dem Abfassen ihrer sonst so informierten und informativen Texte nachdächten. Dadurch wäre z.B. die unüberlegte Äußerung von Rainer Herrn im letzten Beitrag des Bandes zu vermeiden gewesen, dass Hirschfelds »Zwi­schenstufentheorie« (gemeint ist freilich: »Zwischenstufenlehre«) zu den wenigen Entwürfen der Geschlechterneuordnung um die Jahrhundertwende gehört, »die zwar nicht kompliziert, aber ori­gi­nell und originär sind.«[49] Hätte der Autor die komplexe Tragwei­te der Zwischenstufen­lehre be­züg­lich (1) der Postulierung von potentiell unendlichen Sexuali­täten, (2) der prinzipiellen Unabschließbarkeit der Sexual­bestimmung eines jeden Indivi­duums und (3) der daraus resul­tierenden Folgen für die Organi­sierung des sozialen und politi­schen Zusammenlebens bedacht, so hätte er die höchst verwunder­liche Ansicht nicht vertreten kön­nen, Hirschfelds Zwischenstu­fen­lehre als Distri­butionsprinzip der menschlichen Sexualität sei »nicht kompli­ziert«. Nur wer das kritisch-dekonstruktive Potential von Hirschfelds radikaler Auffas­sung der Sexualindividualität nicht erkennt, kann sich erlauben, den Satz zu schreiben: »Eine Dialektik der Aufklärung war Hirschfeld fremd.«[50]

14. Eine eigentliche Stellung­nah­me zu Seecks Ausführungen über das Judentum und die religiöse Frage bei Hirschfeld würde weit über das Thema dieser Notizen hinausführen. Darum seien hier nur einige Präzisierungen von all­gemeinem Charakter angeführt, die jedoch in engem Zusam­men­hang mit Hirschfelds Zwischen­stufenlehre als Kern seiner eman­zipatorischen Bemühungen stehen. Wie schon in anderen Zusammenhängen muss leider auch hier festgestellt werden, dass Seeck die Diskussion über das Verhältnis zwischen Religiosität und Atheismus bei Hirschfeld abrupt mit der Replik Manfred Herzers von 1998 enden lässt, ob­wohl er sicherlich die relativ aus­führliche Thematisierung des Pro­blems in den zwei Erwide­run­gen des Verfassers von 1999 und 2002[51] zur Kenntnis genommen hat. Offensichtlich hat Seeck Ansichten und Einsichten nicht gelten lassen wollen, die dem all­gemeinen Rahmen des Hirsch­feld-Verständnisses widerspre­chen, das er mit vielen Autoren des Bandes teilt. Es ist sicherlich kein Zufall, dass Seeck das wesent­liche und komplexe Thema der Verbindung von atheistischer Religiosität und jüdischer Messi­anität keine Beachtung schenkt, und statt dessen sich auf Herzers Stellungnahme gegen die Thesen des Verfassers zu Hirschfelds ei­gentümlicher Religiosität kon­zen­triert, wenn er schreibt: »Nach Herzers Auffassung ist Hirsch­felds Emanzipationsstrategie sozial­demokratisch und refor­mis­tisch geprägt. Vor allem die Re­zep­tion des ›wissenschaft­lichen Sozialismus‹ habe ihn den Glauben an Panhumanismus und Kosmopolitismus gelehrt und ihm Vorbilder glühenden Gerechtig­keitssinns gezeigt.«[52] Offenbar meint Seeck, Hirschfelds pro­ble­matisches und problemati­sie­ren­des Verhältnis zum jüdischen Erbe und speziell zum Ge­rech­tigkeitsethos der Propheten völlig außer acht lassen zu können, weil er Hirschfelds politische Option für den Sozialismus für unver­ein­bar mit einer umfassenderen Inspi­ration durch das prophetisch-messianische Denken hält. Dem gegenüber ist an die dahinge­hen­den Äußerungen in »Der Tod Adams« zu erinnern, dass die Re­ligiositätsfrage die Geschichts­auf­fassung Hirschfelds als Rahmen seiner Sexualbefreiungsprogram­matik unmittelbar tangiert und dass diese letztendlich auf dem wissenschaftlichen Fundament der sexuellen Zwischen­stufen­lehre beruht. Mit der prinzipiellen Auflösung der Bestimmung des Mannes als Nicht-Frau – d.h. als Nicht-Eva – wandte sich Hirsch­feld prinzipiell gegen die schon in der Bibel theo-politisch sanktio­nierte, binäre Distribution der Ge­schlechter vor dem Hintergrund einer messianisch inspirierten Konzeption von Befreiungs­geschichte, welche die theolo­gische Weltsicht überwand, aus der sie hervorging.

15. In der jüngeren Rezeption Hirschfelds scheint ein Konsens darüber zu herrschen, dass seine theoretischen Leistungen vorwie­gend negativ zu  beurteilen sind. Am Anfang dieser Sicht stehen die dahingehenden Äußerungen Martin Dannekers von 1978, dass »Erkenntnisarmut« die Schriften Hirschfelds kennzeichnen und dass seine Position im Lichte psy­choanalytischer Erkenntnisse sich als »borniert« erweist.[53] Im Jahre 1984 schrieb E.J. Haeberle, dass Hirschfelds »wissenschaftliche Thesen als zeitgebunden oder halb­gegoren«[54] angesehen wer­den müssen und dass Hirschfeld »als Theoretiker flach und un­fer­tig blieb«[55]. Kurz darauf  be­haup­tete Volkmar Sigusch, Hirsch­­feld sei »denkerisch an­spruchlos«[56] [sic!] und »wis­sen­schaftlich roh«[57], und vertrat später die An­sicht, Hirsch­feld sei »als Theo­retiker viel zu unbedeutend.«[58] In grundsätz­licher Übereinstimmung mit Sigusch meinte Gunter Schmidt in einer Rede anlässlich der Eröffnung einer Hirschfeld-Ausstellung: »Hirschfeld war als Sexualpolitiker, als Volksauf­klä­rer, als Sozialreformer zwei­fel­los bedeutender denn als Wis­sen­schaftler.«[59] Als Resümee all dieser Einschätzungen kann der Satz von Gesa Lindemann gelten: »H[irschfeld] war kein theoreti­scher Kopf […]"[60] Vor dem Hin­tergrund der Tatsache, dass keiner von diesen Kritikern bereit oder in der Lage war, die Trag­wei­te und Relevanz der Zwi­schen­stu­fen­lehre als Bruch mit dem tra­di­tionellen binären Sys­tem sexuel­ler Distribution zu er­kennen, ge­schweige denn zu wür­digen, ist es besonders bedauer­lich, dass Seeck in seiner »Ein­füh­rung« die Gelegenheit nicht er­griffen hat, einen Beitrag zu einer sachge­mä­ßen Darstellung von Hirschfelds epochal neuer Konzeption ge­schlechtlicher Dif­ferenz zu leis­ten. Es ist diesbe­züg­lich symp­to­matisch, dass Seeck und die im Band vertre­te­nen Autoren seiner Prädilektion die Frage völlig aus­blenden, wie das Verhältnis zwi­schen Hirsch­felds Neubestim­mung des sexu­al­distributiven Schemas und der radikalen Neu­orientierung des philosophischen Denkens seiner Zeit sich konstel­liert. In Anbe­tracht des unüber­seh­bar engen Denkhorizontes, der durch solche Auslassungen sich erahnen lässt, ist nicht über­ra­schend, dass Seeck nirgends No­tiz davon nimmt, dass schon in »Der Tod Adams« darauf hinge­wiesen wurde, dass »Hirschfelds wissenschaftlich fundierte De­kon­struktion des durch das Sexu­albinomium geprägten Men­schen­bildes zumindest im Ansatz dem Desiderat [Max] Stirners [entspricht], das ›Jenseits in Uns‹ zu beenden.«[61] Betrachtet man die radikalen Konsequenzen von Hirschfelds Zwischenstufenlehre im Zusammenhang mit den kriti­schen Ansprüchen der großen Indi­vidualitätsdenker der zweiten Hälf­te des neunzehnten Jahrhun­derts, so lässt sich fragen, ob der wissenschaftliche und eman­zipa­torische Entwurf des  Sexologen als ein eminenter Beitrag zu dem anzusehen ist, was der Philosoph Max Stirners die »nachchristli­che[] Geschichte«[62] nannte.

 

 


[1] Cf. Seeck, Andreas (Hg. ): Durch Wissenschaft zur Gerech­tigkeit? Textsammlung zur kri­ti­schen Rezeption des Schaffens von Magnus Hirschfeld. Münster u. a. 2003.

[2] Cf. Bauer, J. Edgar: Der Tod Adams. Geschichtsphilosophische Thesen zur Sexualemanzipation im Werk Magnus Hirschfelds (1998). In: Seeck (Hg. ): Durch Wissenschaft zur Gerechtigkeit?, op. cit., S. 133-155.

[3] Cf. Bauer: Der Tod Adams. Geschichtsphilo­sophi­sche Thesen zur Se­xual­eman­zipa­tion im Werk Magnus Hirsch­felds. In: 100 Jahre Schwu­lenbewegung. Dokumen­ta­tion einer Vortragsreihe in der Aka­demie der Künste. Ausgewählt und hrsg. von Manfred Herzer. Berlin 1998, S. 15-45.

[4] In der »Einführung«  (in: Seeck, Andreas (Hg. ): Durch Wissenschaft zur Gerechtigkeit?, op. cit. ) ver­wendet der Herausgeber den Begriff  »Zwischenstufentheorie« auf  S. 14, 16, 17, 18 (dreimal im Haupttext), 19 (zweimal) und 20. Von »Zwischen­stufenlehre« ist die Rede auf S. 18 (im Haupttext), 19 (zweimal) und 20.

[5] Dies tat Hirschfeld schon in einem Text von 1910, in dessen Titel der fragliche Begriff in Anführungs­zei­chen gesetzt wird: »Die Zwi­schen­stufen-›Theorie‹« (In: Sexual-Pro­bleme, 6 (1910), S. 116-136). Dort heißt es u. a. »Vor allen Dingen ist da zu betonen, dass es sich bei diesem Sexualproblem in erster Linie über­haupt nicht um eine Theorie, sondern um ein Einteilungsprinzip handelt.« (S. 116) Hirschfeld be­gründet seine Sichtweise folgendermaßen: »Von einer eigentlichen Zwischenstufen­theorie kann nach meinem Dafür­hal­ten genau genommen erst die Rede sein, wenn eine Theorie aufgestellt wird, welche das Vorhandensein und die Häufigkeit solcher Mischformen [d. h. die sexuellen Zwischenstufen] zu erklären sucht.« (S.130-131) An­stelle von »Zwischenstufen­theorie« verwendet Hirschfeld den Begriff  »Lehre von den sexuellen Zwi­schen­stufen« (z. B. S. 130, 131). Im ersten Band seiner Geschlechts­kunde vom Jahre 1926 wird Hirsch­feld denselben Standpunkt vertreten, wie in den Ausführungen in den Absätzen 3 und 4 unten gezeigt wird. 

[6] Seeck: Einführung, op. cit., S. 18

[7] Cf. Seeck: Einführung, op. cit. , S. 18. Das Original enthält mehrere grammatikalische bzw. typogra­phi­sche Fehler, die im Zitat ausgemerzt wurden.

[8] Seeck: Einführung, op. cit., S. 18

[9] Hirschfeld: Geschlechtskunde auf Grund dreißigjähriger Forschung und Erfahrung bearbeitet. I. Band: Die körperseelischen Grundlagen. Stuttgart 1926, S. 599

[10] Hirschfeld: Geschlechtskunde auf Grund dreißigjähriger Forschung und Erfahrung bearbeitet, op. cit. , S. 599

[11] Hirschfeld: Geschlechtskunde auf Grund dreißigjähriger Forschung und Erfahrung bearbeitet, op. cit. , S. 599

[12] Hirschfeld: Geschlechtskunde auf Grund dreißigjähriger Forschung und Erfahrung bearbeitet, op. cit. , S. 599

[13] Herzer: Hirschfelds Utopie, Hirschfelds Religion und das dritte Geschlecht der Romantik (1998). In: Seeck (Hg.): Durch Wissenschaft zur Gerechtigkeit?, op. cit., S. 157-172

[14] Cf. Seeck: Einführung, op. cit., S. 20

[15] Herzer: Magnus Hirschfeld. Leben und Werk eines jüdischen, schwulen und sozialistischen Sexologen. 2., überarbeitete Auflage. Hamburg Verlag, 2001, S. 7 

[16] Seeck: Einführung, op. cit. , S. 10

[17] Herzer: Die Auflösung. Das Schweigen. Hirschfeld als Prophet. Nachklänge zu J. Edgar Bauers Hirschfeld-Deutung. In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft. Nr. 35/36. Dezember 2003, S. 72

[18] Bauer: Der Tod Adams. In: Seeck (Hg.): Durch Wissenschaft zur Gerech­tig­keit?, op. cit. , S. 144

[19]  Seeck: Einführung, op. cit. , S. 18. Hervorhebung des Verfassers.

[20] Cf. Schmidt, Gunter: Helfer und Verfolger. Die Rolle von Wissen­schaft und Medizin in der Homo­sexuellenfrage (1984). In: Seeck (Hg.): Durch Wissenschaft zur Ge­rechtigkeit?, op. cit. , S. 41 und 45-49; und Schmidt, Gunter: Zur Eröff­nung der Aus­stel­lung »Magnus Hirschfeld – Leben und Werk« (1986). In: Seeck (Hg. ): Durch Wis­senschaft zur Gerech­tigkeit?, op. cit. , S. 70 und 73. Auf S. 70 verwen­det Schmidt auch »Zwi­schenstufenlehre« und auf S. 72 führt er den nicht gänzlich uninteressanten Begriff »Zwischen­stufendenken« ein.

[21] Cf. Grau, Günter: Hirschfeld über die Ursache der Homosexualität. Zur Bedeutung seiner ätiologischen Hypothesen (1989). In: Seeck (Hg. ): Durch Wissenschaft zur Gerech­tigkeit?, op. cit. , S. 85-86

[22] Cf. Lindemann, Gesa: Magnus Hirschfeld (1993). In: Seeck (Hg. ): Durch Wissenschaft zur Gerech­tigkeit?, op. cit. , S. 102

[23] Cf. Pretzel, Andreas: Kein Denk­mal für Magnus Hirschfeld (2000). In: Seeck (Hg. ): Durch Wissenschaft zur Gerechtigkeit?, op. cit. , S. 229

[24] Cf. Herrn, Rainer: Sexualwis­sen­schaft und -politik bei Magnus Hirschfeld (2002). In: Seeck (Hg. ): Durch Wissenschaft zur Gerech­tig­keit?, op. cit. , S. 260-261 und 263

[25] Seeck, Andreas: Aufklärung oder Rückfall?  Das Projekt der Etablie­rung einer »Sexualwissenschaft« und deren Konzeption als Teil der Bio­logie (1998). In: Seeck (Hg. ): Durch Wissenschaft zur Gerechtigkeit?, op. cit. , S. 198

[26] Seeck: Aufklärung oder Rückfall?, op. cit. , S. 198

[27] Herrn, Rainer: Sexualwissenschaft und -politik bei Magnus Hirschfeld, op. cit. , S. 261

[28] Im Band cf. vor allem den Aufsatz: Grau, Günter: Hirschfeld über die Ur­sachen der Homosexualität. Zur Be­deutung seiner ätiologischen Hypo­thesen (1989). In: Seeck (Hg. ): Durch Wissenschaft zur Gerech­tig­keit?, op. cit. , S. 85-89. Auch Herrn äußert sich in einer kurzen Passage zur Frage der Ursachen bzw. Ätio­lo­gie der Homosexualität (Herrn: Sexu­alwissenschaft und -politik bei Mag­nus Hirschfeld, op. cit. , S. 258-259).

[29] Kurz nach Erscheinen von Seecks Textsammlung veröffentlichte Herzer eine dritte Replik: Herzer, Manfred: Die Auflösung. Das Schweigen. Hirschfeld als Prophet. Nachklänge zu J. Edgar Bauers Hirschfeld-Deutung. In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft. Nr. 35/36, Dezember 2003, S. 72-77

[30] Seeck: Einführung, op. cit. , S. 18

[31] Seeck: Einführung, op. cit. , S. 18. Hervorhebung des Verfassers.

[32] Cf. Bauer, J. Edgar: Der Tod Adams. In: Seeck, Andreas (Hg. ): Durch Wissenschaft zur Gerech­tig­keit?, op. cit. , S. 145-149 (= Absätze 7 und 8)

[33] Seeck: Einführung, op. cit. , S. 19

[34] Cf. dazu z. B. folgenden Passus: »Wer sich über das Wesen der Ge­schlechtsübergänge klar ist, wird sofort ersehen, daß eine solche Grup­pierung von Typen [wie die in einem  von Hirschfeld vorgeschlagenen Schema] nur ein Notbehelf, wenn auch meines Erachtens ein unent­behrlicher ist, der niemals als etwas Vollständiges oder auch nur nahezu Abgeschlossenes dastehen kann. Das würde mit dem Gesetz der absoluten Variabilität im Widerspruch stehen, das die gesamte Natur beherrscht. Hinsichtlich der Sexualkonstitution bedeutet dies, daß jeder Mensch seine Natur und sein Gesetz hat [...]  Es kann nicht oft genug wiederholt werden, daß schon zufolge der Erb­gesetze diese Grundtypen [des Sche­mas] im Grunde nur Fiktionen sind [...]« (Hirschfeld, Magnus: Die inter­­sexuelle Konstitution. In: Jahr­buch für sexuelle Zwi­schenstufen, 23 (1923), S. 23-24. Das erwähnte Schema befindet sich auf  S. 24. )

[35] Seeck: Einführung, op. cit. , S. 19

[36] Seeck: Einführung, op. cit. , S. 19

[37] Seeck: Einführung, op. cit. , S. 19

[38] Seeck: Einführung, op. cit. , S. 20

[39] Es handelt sich dabei um die Texte von Seeck selbst (»Aufklärung oder Rückfall? Das Projekt der Etablie­rung einer ›Sexualwissenschaft‹ und deren Konzeption als Teil der Bio­logie« (1998)), Christina von Braun (»Ist die Sexualwissenschaft eine ›jüdische Wissenschaft‹?« (2001)) und Rainer Herrn (»Sexualwissen­schaft und -politik bei Magnus Hirschfeld« (2002)).

[40] Cf. Bauer, J. Edgar: Über Hirsch­felds Anspruch. Eine Klarstellung. In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft. Nr. 29/30, Juli 1999, S. 77-80

[41] Bauer: Über Hirschfelds Anspruch, op. cit.,  S. 80

[42] Es handelt sich dabei um die schon im Absatz 9 erwähnten Beiträge von Andreas Seeck , Christina von Braun und Rainer Herrn.

[43] Seeck: Einführung, op. cit., S. 20

[44] Braun, Christina von: Ist die Sexu­alwissenschaft eine »jüdische Wis­senschaft«? (2001) In: Seeck: Durch Wissenschaft zur Gerech­tig­keit?, op. cit. , S. 235

[45] Seeck: Einführung, op. cit. , S. 20

[46] Hirschfeld, Magnus: Die Trans­vestiten. Eine Untersuchung über den erotischen Verklei­dungs­trieb. Leipzig 1910, S. 3

[47] Bauer, J. Edgar: Magnus Hirschfeld: per scientiam ad justitiam. Eine zweite Klarstellung. In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Nr. 33/34, Dezember 2002, S. 73

[48] Bauer: Magnus Hirschfeld: per scientiam ad justitiam, op. cit. , S. 78

[49] Herrn: Sexualwissenschaft und -politik bei Magnus Hirschfeld, op. cit., S. 263

[50] Herrn: Sexualwissenschaft und -politik bei Magnus Hirschfeld, op. cit., S. 263

[51] Es handelt sich dabei um: Bauer: Über Hirschfelds Anspruch. Eine Klarstellung, op. cit. , S. 72-77 [= Absätze 7-10]; und Bauer: Magnus Hirschfeld: per scientiam ad justitiam. Eine zweite Klarstellung, op. cit. , S. 83-90 [= Absätze 8-10].

[52] Seeck: Einführung, op. cit. , S. 19f.

[53] Cf. Danneker, Martin: Der Homo­sexuelle und die Homosexualität. Frankfurt am Main 1978, S. 47

[54] Haeberle, E. J. : Einleitung. In: Hirschfeld, Magnus: Die Homosexu­a­lität des Mannes und des Weibes. Nachdruck der Erstauflage von 1914. Berlin / New York 1984, S. XVII

[55] Haeberle, E. J. : Einleitung, op. cit., S. XX

[56] Sigusch, Volkmar: »Man muß Hitlers Experimente abwarten.«  In: Der Spiegel, Nr. 20 (13. 5. 1985), S. 244 

[57] Sigusch: »Man muß Hitlers Expe­rimente abwarten«, op. cit. , S. 246

[58] Sigusch, Volkmar: Albert Moll und Magnus Hirschfeld. Über ein pro­ble­matisches Verhältnis vor dem Hinter­grund unveröffentlichter Briefe Molls aus dem Jahr 1934. In: Zeitschrift für Sexualforschung 8 (1995),  S. 127

[59] Schmidt, Gunter: Zur Eröffnung der Ausstellung »Magnus Hirschfeld – Leben und Werk«. Vortrag am 31. Juli 1985 in der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Berlin. In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft. Band I. Heft 1 (1983) – Heft 9 (1986). 2., durchgesehene und erweiterte Auflage hrsg. für die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft von Ralf Dose und Hans-Günter Klein. Hamburg 1992, S. 243

[60] Lindemann, Gesa: Magnus Hirsch­feld. In: Lautmann, Rüdiger (Hg. ): Ho­mosexualität. Handbuch der Theo­rie- und Forschungs­geschichte. Frankfurt am Main / New York 1993, S. 97

[61] Bauer: Der Tod Adams, op. cit., S. 142

[62] Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigentum. Mit einem Nach­wort hrsg. von Ahlrich Meyer. Stuttgart 1985, S. 103. An einer anderen Stelle spricht Stir­ner von der »nachchristlichen Zeit« (Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigentum, op. cit. , S. 79). Dazu cf. : Bauer, J. Edgar: Max Stirner: Das Ende des Heiligen. In: Max Stirner e l´individualismo moderno. A cura di Enrico Ferri, introduzione di Francesco de Sanctis. Napoli 1996, S. 357-391.